Prozessbeginn in Bamberg:Mann gesteht Tötung seines Sohnes

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Vor dem Landgericht in Bamberg hat der Prozess gegen einen 51-Jährigen begonnen, der seinen neun Jahre alten Sohn ermordet haben soll. Als er in den Gerichtssaal kommt, hält er sich einen Ordner vor das Gesicht. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Ein 51-Jähriger soll seinen neunjährigen Sohn umgebracht haben - zum Prozessbeginn gesteht er die Tat.

Von Olaf Przybilla

Als Michael F. erzählt, wie er sich mit seiner Familie ein gemeinsames Zuhause eingerichtet hat, kommt der 51-Jährige erstmals ins Stocken. Er dreht den Kopf in Richtung seiner ehemaligen Frau, fast wirkt es so, als suche er Hilfe. Sein Verteidiger erklärt, sein Mandant tue sich schwer zu sagen, was geschehen ist, solange sich seine Ex-Frau und seine Tochter im Gerichtssaal befänden. F. ist angeklagt, im März 2021 seinen neunjährigen Sohn Mattheo ermordet zu haben.

Die Tat hatte vor sieben Monaten ein Dorf erschüttert. An einem Sonntagnachmittag hatten die Einwohner von Steinbach im fränkischen Kreis Forchheim mitbekommen, wie plötzlich schwer bewaffnete Spezialkräfte anrückten, in ein Haus eindrangen und einen Mann festnahmen. Kurz darauf machte eine furchtbare Nachricht die Runde. Im oberen Teil der Wohnung hatten Polizisten unter einer Decke einen leblosen Körper gefunden, den neunjährigen Mattheo. Seine Mutter, seit fünf Monaten getrennt von F. lebend, hatte den Neunjährigen zwei Tage zuvor vereinbarungsgemäß für ein Wochenende zu seinem Vater gebracht. Als die Mutter sonntags in Steinbach eintraf, um ihren Sohn wieder abzuholen, bat ihr Ex-Mann sie, die Polizei zu rufen.

Michael F., blaues Hemd, kurze Haare, schwäbisch grundierter Akzent, berichtet von einem lange glücklichen Leben. Geboren in Stuttgart, Fachabitur in München, Wirtschaftsstudium in Regensburg, seit 2000 Marketingmanager einer international tätigen Firma in Fürth. Seine Frau lernte er über seinen Beruf kennen, Hochzeit kurz vor der Geburt des ersten Kindes, "eine Liebesheirat", sagt F. Insgesamt "6300 Euro netto" habe die Familie gemeinsam verdient, aber trotzdem eine hohe Kreditbelastung gehabt, rechnet der Vorsitzende Richter vor. Ja, sagt F., das habe ihn wohl "unterschwellig immer belastet". 2004 leidet er erstmals unter Depressionen, bekommt das aber gut in den Griff. Erst seit 2019 wird die Erkrankung schlimmer, F. begibt sich in ärztliche Obhut, bekommt Medikamente. Kurz "vor dem Zusammenbruch" habe er manchmal gestanden. Lange habe er "das nicht wahrhaben wollen", erst seine Frau habe ihn überredet, sich stationär behandeln zu lassen.

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Danach geht es ihm besser, im März 2021 aber wird es wieder schlimm. Medikamente habe er da aber nur noch unregelmäßig genommen. Warum, will der Richter wissen. "Das kann ich nicht beantworten", antwortet F. Weil es ihm nicht gut ging - "geringer Antrieb, viele Grübeleien" - habe er sich mit seiner Frau verständigt, dass er seinen Sohn nur noch ab und an sehen soll. An jenem Wochenende aber im März habe sie den Sohn zu ihm in die Einliegerwohnung nach Steinbach gebracht, wohin F. nach der Trennung von seiner Frau gezogen war. Zuvor habe man sich "auseinanderentwickelt", sagt F.

Was passiert ist an jenem Sonntag? F. nimmt mehrere Anläufe, am Ende räumt er den angeklagten Tatvorwurf vollständig ein. Existenzängste hätten ihn geplagt in den Nächten des Wochenendes, er habe suizidale Gedanken entwickelt und die Vorstellung, dass es "für mich und meine Familie nicht wirklich weitergeht". F. berichtet, wie sein Sohn am Sonntag aufgestanden und im Schlafanzug ins Wohnzimmer gegangen sei, um dort etwas auf dem Handy anzuschauen. Und F. räumt ein, dass er seinen Sohn von hinten mit einer 2,6 Kilogramm schweren Halterung aus seinem Geländewagen auf den Kopf geschlagen und anschließend mit beiden Händen gewürgt hat, bis dieser sich nicht mehr bewegt habe. Auch ein Ladekabel habe er zu Hilfe genommen. Die schwere Halterung habe er zuvor im Schlafzimmer deponiert.

Ob es stimme, dass der Sohn nach dem Schlag auf den Kopf noch "Papa, was ist das?" gefragt habe, will der Richter wissen. F. räumt das ein. Anschließend habe er sich selbst töten wollen, dafür bereits Benzin aus einer Tankstelle besorgt. Zu weiteren Taten aber sei er nicht mehr in der Lage gewesen. "Das war so furchtbar, was ich getan habe", sagt F. Warum er nicht sich selbst, sondern seinen Sohn getötet habe, fragt der Richter. "Die Frage stelle ich mir jeden Tag", antwortet F.

Das Gericht hat einen psychiatrischer Gutachter mit der Frage beauftragt, ob F. zum Tatzeitpunkt schuldfähig war. Ein Urteil wird im November erwartet.

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