Haushalt:Bambergs Künstlern drohen herbe Kürzungen

Haushalt: Mit „Schöne Aussichten“ sollte die neue Spielzeit im ETA-Hoffmann-Theater musikalisch-fröhlich beginnen, doch die Freude währte kurz.

Mit „Schöne Aussichten“ sollte die neue Spielzeit im ETA-Hoffmann-Theater musikalisch-fröhlich beginnen, doch die Freude währte kurz.

(Foto: Martin Kaufhold)

Stadtrat will den Etat der freien Szene offenbar um bis zu einem Viertel kürzen. Nun wird massive Kritik an der Politik der Welterbe-Stadt laut

Von Clara Lipkowski, Bamberg

In der Weltkulturerbe-Stadt Bamberg droht offenbar ein massiver Einschnitt in der Kulturszene. Als setzte die Corona-Krise den Kreativen nicht eh schon zu, plant die Stadt nun Sparmaßnahmen. 2,5 Prozent weniger soll es im kommenden Jahr für städtisch subventionierte Einrichtungen geben, das Theater und die Musikschule etwa. Auch die freie Szene muss damit rechnen, deutlich weniger Zuschüsse zu erhalten. Nach einer Stadtratssitzung von Mittwoch war hierfür gar die Rede von einem Minus von 25 Prozent. Davon gehe man aus, sagten am Donnerstag mehrere Kulturschaffende. Stadtkämmerer Bertram Felix jedoch wollte die Zahl zunächst nicht bestätigen. Erst müsse der Haushalt aufgestellt werden, sagte er. Grund für die Sparmaßnahmen sind leere Kassen der Stadt. Im Verwaltungshaushalt fehlen rund 45 Millionen Euro.

Kulturschaffende, ob "freie" oder nicht, sind alarmiert. Die Stadt, die sich gern Kulturstadt nennt und deren Altstadt zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, werde ihrem Ruf nicht gerecht, lautet nun die Kritik. Im ETA-Hoffmann-Theater würden durch die Kürzungen 2021 rund 80 000 Euro fehlen, warnt Intendantin Sibylle Broll-Pape. Die Folge könnten Stellenstreichungen sein, eventuell müssten "ein, zwei Schauspieler gehen - was wir nicht wollen", sagt sie. Zwar klängen 2,5 Prozent zunächst nicht nach viel. Doch das Theater leide schon unter fehlenden Einnahmen durch die Pandemie. Gleichzeitig müsse es nach Tarifsteigerungen höhere Personalkosten zahlen. "Das sind noch mal etwa 70 000 Euro", sagt sie, "wir haben dann 2021 also 150 000 Euro zu wenig." Auch die Musikschule wäre betroffen. Dort würden 2021 etwa 30 000 Euro fehlen. Veranstaltungen könnten gestrichen oder Kursgebühren angehoben werden. Dabei sollen gerade Musikschulen niederschwellig zugänglich sein. In der freien Szene drohen Zuschusskürzungen unter anderem bei Festivals und Vereinen, dem Kesselhaus oder Kunstverein etwa. In einem offenen Brief haben sich Kulturschaffende an die Stadtspitze gewandt. Gerade weil die Branche zurzeit besonders leide, drohten die Kürzungen kulturelle Strukturen dauerhaft zu zerstören, Ehren- wie Hauptamtliche müssten ihr Engagement einstellen.

Hochgekocht ist die Sache nun durch Diskussionen um den Haushalt, der im Dezember beschlossen werden soll. Damit dieser genehmigungsfähig ist, muss die Stadt Kürzungen für 2021 vorweisen. Die Stadt kämpft seit Jahren mit weniger Einnahmen durch Gewerbesteuern. Bamberg ist ein wichtiger Standort der Automobilzulieferer, einer Branche, die schon länger in der Krise steckt und nun durch die Corona-Pandemie noch einmal mehr getroffen ist. Kämmerer Felix betont allerdings, man spare nicht nur bei der Kultur, sondern verzichte womöglich auch bei Großprojekten und hebe die Grundsteuer an. Aber die Stadt habe nur einen begrenzten Spielraum zum Sparen, da sie nur an die sogenannten freiwilligen Leistungen gehen könne, also jene für Kultur, Sport, Soziales. Er sagt zudem: Man kürze nur die Zuschüsse, auf die Einnahmen wirke sich das nicht aus. Jedoch hatten etliche Kulturschaffende in der Krise gar keine oder deutlich reduzierte Einnahmen und auch in den kommenden Monaten sieht die Situation angesichts der Corona-Krise nicht besser aus. Felix beharrt dennoch darauf, dass es nicht um Existenzen gehe.

Dem widerspricht Intendantin Broll-Pape. 2021 müsse man in den sauren Apfel beißen, sagt sie, das ginge gerade noch so. Aber zögen sich die Kürzungen länger hin, gehe es sehr wohl an die Existenz. Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar fasst es so zusammen: "Finanziell schaut es schwarz aus am Himmel über Bamberg". Im kommenden Jahr gebe es noch weniger Geld an die Kulturszene zu verteilen.

Felix Forsbach vom Kunstverein Franz Kafka sieht darin ein strukturelles Problem. Seit Jahren wahre die Stadt nur einen "Schein von Kulturförderung". Von den 225 000 Euro Kulturförderung pro Jahr bleibe für die freie Szene viel zu wenig übrig. Auch andere Kunstschaffende sprechen von einer "kunstfeindlichen" Haltung der Stadtverwaltung. Ein Festival, das Forsbach dieses Jahr noch realisiert hat, will er deswegen 2021 nicht mehr veranstalten.

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