BambergDurchgestochene Umfrage: CSU-Chef im Stadtrat tritt zurück

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Gerhard Seitz, CSU-Chef im Stadtrat von Bamberg, ist zurückgetreten.
Gerhard Seitz, CSU-Chef im Stadtrat von Bamberg, ist zurückgetreten. (Foto: Facebook)

Ein Bamberger Gratisblatt veröffentlicht eine CSU-Umfrage und feiert bei der Gelegenheit die Ex-Ministerin Melanie Huml über die Maßen. Nicht nur das Blatt, auch die CSU gerät unter Druck. Nun gibt es einen harten Schnitt.

Von Olaf Przybilla

Dieser Tage gab es unrunde Schlagzeilen über Bambergs CSU. Sie hatte eine Umfrage in Auftrag gegeben, aus der hervorging, dass die ehemalige CSU-Ministerin Melanie Huml, sollte sie antreten, angeblich als „Favoritin“ in die kommende OB-Wahl ziehen könnte. Gegen selbst finanzierte Umfragen von Parteien ist wenig einzuwenden, im politischen Geschäft sind sie keine Seltenheit. Die Umstände, wie diese Umfrage ans Tageslicht kam, waren freilich mehr als unglücklich.

Die CSU reichte die Daten an ein lokales Gratisblatt weiter. Das veröffentlichte sie, feierte die mögliche CSU-Kandidatin Huml („Problemlösungskompetenz“) und suggerierte zunächst, die Umfrage selbst in Auftrag gegeben zu haben. Eine Woche später gab das Blatt an, für „Analyse und Kommentierung“ der zur Verfügung gestellten Zahlen angeblich „Künstliche Intelligenz“ eingesetzt zu haben, vermeintlichen Zeitmangels wegen. Und machte den Auftraggeber der Umfrage kenntlich: die CSU.

Unter dem Strich blieb ein schaler Beigeschmack von Intransparenz und Kungelei. Was zwar weniger die CSU zu verantworten hatte als das Gratisblatt – dieses hatte ja Sätze über die Ex-Ministerin in die Welt gesetzt wie: „Ihr Erfolg könnte dabei nicht nur ein Symbol für Wandel, sondern auch für Stabilität und Kompetenz sein, die viele Bürgerinnen und Bürger gerade in unsicheren Zeiten schätzen.“ Trotzdem hätte sich die CSU den Eindruck, dass sie mit einem Gratisblatt in enge Verbindung tritt und eine CSU-Frau daraufhin – angeblich mithilfe von KI – über die Maßen freundlich dargestellt wird, wohl gerne erspart. In der Nacht von Montag auf Dienstag ist der CSU-Chef im Bamberger Stadtrat, Gerhard Seitz, zurückgetreten.

Bis eine Stunde nach Mitternacht dauerte die entsprechende Sitzung, es gab Redebedarf. Im SZ-Gespräch sagte Seitz danach, er habe ursprünglich auch den CSU-Kreisvorsitz zurückgeben wollen: „Ich mache gerne klare Schnitte“, das liege an seiner ehemaligen Profession: Vor seinem Ruhestand war Seitz Chefpathologe am Bamberger Klinikum. Auch auf Wunsch von Parteikollegen habe er sich aber entschieden, weiter örtlicher Parteichef zu bleiben.

Seitz hatte in der Vergangenheit zu verstehen gegeben, kein öffentliches Amt antreten zu wollen, nicht etwa für die OB-Wahl zur Verfügung zu stehen. Stattdessen gilt er als einer der Hauptverfechter für eine OB-Kandidatur der Landtagsabgeordneten Huml. In der Partei machen Seitz nun viele für die mindestens seltsamen Begleitumstände verantwortlich, unter denen die CSU-Umfrage pro Huml öffentlich geworden ist. Viele betonen aber auch, dass Seitz’ Rücktritt vor allem eine Folge eines lang schwelenden Konflikts in der CSU-Fraktion ist. Seinem Parteifreund Peter Neller hatte Seitz die Führung der Fraktion erst 2023 abgenommen. Seither kommt die nicht zur Ruhe. Seitz stand zuletzt immer wieder unter öffentlichem Beschuss, etwa nachdem er das vermeintlich „unwiderrufliche“ Aus für die Asylaufnahmeeinrichtung in Bamberg zumindest relativiert hatte.

Melanie Huml war bis 2023 Kabinettsmitglied, jetzt ist sie einfache Abgeordnete. Ob sie als CSU-Kandidatin für die Bamberger OB-Wahl 2026 zur Verfügung steht, hat sie bislang nicht erklärt.
Melanie Huml war bis 2023 Kabinettsmitglied, jetzt ist sie einfache Abgeordnete. Ob sie als CSU-Kandidatin für die Bamberger OB-Wahl 2026 zur Verfügung steht, hat sie bislang nicht erklärt. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

In der CSU-Fraktionssitzung – bei der nach SZ-Informationen Huml, die keine Stadträtin ist, zu Gast war – ist Seitz dann offenbar einer Abwahl zuvorgekommen. Als stellvertretender Fraktionschef übernimmt Peter Neller kommissarisch seine Nachfolge. Der hat in Bamberg eine lange politische Vorgeschichte: Er war zweimal bereits CSU-Chef im Stadtrat, gilt seit seiner klaren Niederlage gegen Andreas Starke (SPD) bei der OB-Wahl 2006 aber als schwer vermittelbar für die erste Reihe. Als wahrscheinlichste CSU-Kandidatin für die OB-Wahl 2026, bei der Starke nicht mehr antritt, wird deshalb weiterhin Huml gehandelt. Auch wenn einer ihrer Hauptverfechter nun kein CSU-Chef mehr ist im Stadtrat.

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