Bericht der Regierung von Oberfranken:Finanzaffäre im Bamberger Rathaus weitet sich aus

Bericht der Regierung von Oberfranken: Das Bamberger Rathaus steht im Zentrum der Affäre - und würde kürzlich gar bei einer Razzia durchsucht.

Das Bamberger Rathaus steht im Zentrum der Affäre - und würde kürzlich gar bei einer Razzia durchsucht.

(Foto: Katja Auer/oh)

Es geht unter anderem um tarifwidrige Überstundenpauschalen: Ein Bericht der Regierung erhöht den Druck auf OB Andreas Starke, der aus mehreren Gründen in der Kritik steht.

Von Olaf Przybilla und Felix Schwarz, Bamberg

Alle im Bamberger Rathaus dürften es erwartet haben. Aber wie das so ist mit unguten Nachrichten: Sobald sie aktenkundig auf dem Tisch liegen, zeigen sie doch ihre Wirkung - im vorliegenden Fall eine schmerzhafte für Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD). Zwar wird keiner gehofft haben, die Regierung von Oberfranken werde das Finanzgebaren im Rathaus loben. Dazu gab es zuletzt zu viele Debatten zwischen Rechtsaufsichtsbehörde und Rathaus.

Aber die Deutlichkeit, mit der da eine Regierung - sonst eher nicht für die lauten Töne bekannt - das Handeln der Stadt brandmarkt, ist schon außergewöhnlich. Am Dienstag hat die Regierung von Oberfranken der Stadt Bamberg eindeutig attestiert, diese habe gegen Regelungen des Tarifvertrags respektive der bayerischen Arbeitszeitverordnung verstoßen.

Der Druck auf Starke nimmt damit noch zu, es ist ja nicht der erste Tiefschlag. Beileibe nicht: Da war der geharnischte, an die Öffentlichkeit gelangte Bericht des Kommunalen Prüfungsverbands, der "tarifwidrige" Zahlungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter moniert hatte, gezahltes Geld ohne gesetzliche Grundlage. Es folgten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hof wegen des Verdachts der Untreue; und kürzlich eine umfängliche Rathausrazzia, nachdem alle gehofft hatten in Bamberg, das Schlimmste sei bereits überstanden.

Zwischenzeitlich legte auch noch das Amtsgericht Bamberg fest, dass sich Starke im August vor Gericht verantworten muss. Vor der Kommunalwahl hatte die SPD Briefe an Bürger mit Migrationshintergrund verschickt und dabei wohl auf Staatsangehörigkeitsdaten aus dem Melderegister zugegriffen. Die Anklagebehörde sieht darin eine Verletzung von Dienstgeheimnissen.

OB Andreas Starke, 64, lange unangefochten in Bamberg, steht zunehmend unter Druck.

Umstritten: Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD).

(Foto: Stadt Bamberg)

Allesamt keine kapitalen oder schwer ehrabschneidenden Vorwürfe, in der Summe aber entsteht doch der Eindruck, dass da manches nicht mit rechten Dingen zugehen könnte im Bamberger Rathaus. Und so ist nun auch die lang erwartete rechtsaufsichtliche Prüfung in der "Boni-Affäre" ein weiterer Schlag in Starkes Kontor. Die Regierung von Oberfranken stellt darin unmissverständlich fest, die Stadt habe ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Überstundenpauschalen gewährt, obwohl eine Zeiterfassung nicht oder nur zum Teil erfolgt sei. Voraussetzungen für solche Zahlungen lagen aus Regierungssicht nicht vor; und zwar "mangels Nachweis". Genauso gelte das für ausgezahlte Überstunden.

Aber nicht nur das. Gewähre eine Stadt über einen längeren Zeitraum Überstundenpauschalen - wie in Bamberg -, so komme dies "einer dauerhaften Anordnung" von Mehrarbeit gleich. Darin sieht die Rechtsaufsicht einen Verstoß gegen den Tarifvertrag. Demnach seien nachgewiesene Überstunden grundsätzlich durch Freizeit auszugleichen. Nur falls dies nicht möglich sei, dürfe ausbezahlt werden.

Und noch eine weitere Schelte muss das Rathaus hinnehmen. Zwar eher zwischen den Zeilen, aber nicht minder wirkungsvoll: Darüber, ob besagte Überstunden tatsächlich geleistet wurden, leiste sich die Regierung kein Urteil. Warum? Aufgrund "fehlender Zeiterfassung" könne dies leider nicht abschließend beurteilt werden. Die Kontrolleure vom Kommunalen Prüfungsverband hatten das noch anklagender intoniert. Sie hatten auch Zahlungen moniert, denen angeblich keine adäquate Leistung gegenüber gestanden haben soll - was die Stadt vehement bestreitet.

Wohl angesichts der - im Vergleich mit dem Prüfverband - weniger drastischen Vorwürfe geht OB Starke nicht in die Offensive. Im Gegenteil: Er sei für die "zügige Bearbeitung" dankbar, lässt er mitteilen. Auch räume er unumwunden ein, dass "Fehler gemacht wurden, die sich nicht wiederholen dürfen". So seien tarifrechtliche Vorgaben "nicht in allen Fällen" eingehalten worden - und hätten für bestimmte Pauschalen notwendige Voraussetzungen nicht vorgelegen. Die Stadt habe aber bereits Schritte eingeleitet: Überstundenpauschalen wurden eingestellt, eine Zeiterfassung eingeführt, Leistungsprämien ausgesetzt. Auch lasse die Stadt von Anwälten prüfen, inwiefern Rückforderungsansprüche gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft? Man begrüße, dass die Regierung "keine strafrechtlichen Bewertungen" vorgenommen habe. Für solche wäre diese aber auch nicht zuständig.

Auch der SPD-Fraktionschef räumt einen "enormen" Imageschaden ein

Peter Neller ist CSU-Chef im Stadtrat und Richter. Verantwortliche, die solche Zahlungen veranlassten, sollten "darüber nachdenken", wie sich dergleichen künftig vermeiden lasse, fordert er. So etwas dürfe nie wieder vorkommen. Auch wünsche er sich "mehr Demut und Unrechtsbewusstsein" in der Stadtverwaltung. Geärgert habe ihn vor allem Bambergs "Presseabteilung". Die habe stets nur von einer anderen Rechtsauffassung "gefaselt" und damit von Fehlern abgelenkt. Rücktrittsforderungen aber? Ergäben für ihn bis zum Abschluss der Ermittlungen "keinen Sinn".

SPD-Fraktionschef Klaus Stieringer erkennt sogar Positives für Starke. Gegen ihn sei "viel Stimmung gemacht" worden. Den Vorwurf aber, es habe Zahlungen ohne Gegenleistung gegeben, "gebetsmühlenartig wiederholt", habe die Regierung nun nicht bestätigt. Stieringer hofft auf eine Versachlichung, attestiert aber auch einen "enormen" Imageschaden. Auch das Verhältnis zwischen den Stadträten habe gelitten.

Tatsächlich war OB Starke im Januar vom Volt-Stadtrat Hans-Günter Brünker und den Stadträten der ÖDP und Bamberger Mitte dazu aufgerufen worden, sein Amt ruhen zu lassen. Daraufhin kündigte SPD-Mann Stieringer die Zusammenarbeit auf. Für Brünker bringen die Feststellungen der Regierung nun "viel Klarheit". Es wundere ihn indes schon, dass die kritisierten Praktiken solange nicht auffielen.

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