Süddeutsche Zeitung

Kultur:Das Theater ums Bamberger Theater hat ein Ende

Intendantin Sibylle Broll-Pape muss nach einem Stadtratsbeschluss 2025 gehen, was sie "zutiefst bedauert". Die Vorwürfe gegen sie hätten laut beteiligten Politikern keine Rolle gespielt. Wie geht es nun weiter?

Von Max Weinhold, Bamberg

Am Ende war das Ergebnis deutlicher als erwartet. Nur 16 von 44 Stimmberechtigten votierten am Mittwochabend nach SZ-Informationen in nicht öffentlicher Sitzung des Bamberger Stadtrates für eine Vertragsverlängerung von Sibylle Broll-Pape, der Intendantin am ETA Hoffmann Theater, um zwei Jahre bis 2027. Ein Ergebnis, das vor wenigen Wochen nicht abzusehen war, als sich noch eine Mehrheit pro Broll-Pape abzeichnete. Dann allerdings wurden verschiedene Vorwürfe gegen sie publik, die Stimmung kippte - und das Votum fiel gegen die Intendantin aus.

"Mein Team und ich haben in den vergangenen acht Jahren außergewöhnliches, regional wie überregional erfolgreiches und preisgekröntes Theater gemacht. Die Stadtratsentscheidung bedaure ich daher zutiefst", teilte Broll-Pape am Donnerstagvormittag mit, weitere Fragen wollte sie nicht beantworten.

Wobei sich solche ja durchaus stellen mit Blick auf die Zukunft des Bamberger Theaters. Allen voran: Wie geht es weiter? "Jetzt konzentrieren wir uns auf die beiden kommenden Spielzeiten und freuen uns darauf, weiter anspruchsvolle, unterhaltende und gesellschaftlich relevante Theaterkunst zu zeigen." Das teilte Broll-Pape auch noch mit. Mit anderen Worten: Sie erfüllt ihren Vertrag. Bambergs Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar lobte diese Entscheidung: "Das finde ich großartig", sagte sie der SZ. Ein Rücktritt hätte Chaos am Haus und durch den Wechsel der Intendanz für viele Schauspielerinnen und Schauspieler den Verlust ihres Jobs bedeutet.

Eines sagte Broll-Pape noch, und das war wenig überraschend: Sie habe sich eine andere Entscheidung gewünscht. Genau genommen war es ihr Wunsch, zwei Corona-Spielzeiten nachzuholen.

Warum aber wurde ihr dieser Wunsch verwehrt, hatte sie doch erst Anfang März mit dem Haus den Preis der Deutschen Theaterverlage erhalten? Nach zehn Jahren unter einer Führung sei auch wieder eine Veränderung an der Theaterspitze künstlerisch befruchtend, teilte die Stadt zur Begründung mit.

Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar bedauerte die Entscheidung. Sie habe im Vorfeld der Abstimmung persönlich viel Zuspruch für die Intendantin erhalten, aber auch einige Kritik. Siebenhaar betonte, die Vorwürfe hinsichtlich angeblich falscher Auslastungszahlen seien widerlegt worden. Allerdings habe Broll-Pape die Anschuldigungen zum Umgang mit den Personal nicht ausräumen können. Trotzdem würdigte Siebenhaar genau wie der Stadtrat die Verdienste der Intendantin: "Sibylle Broll-Pape hat das Theater wunderbar aufgestellt", sagte sie. Und befand: "Das Theater hat gelitten in der Debatte der vergangenen Wochen."

Letzteres ist unisono zu hören aus Bamberg. Und genauso einig sind sich die Entscheidungsträger deshalb in einem, was CSU-Stadtrat Stefan Kuhn so beschrieb: "Zumindest ist endlich das Theater um unser Theater zu Ende." Ob dem wirklich so ist, bleibt abzuwarten. Denn in der knapp 80-köpfigen Belegschaft haben sich Konflikte aufgetan, die es erst einmal zu befrieden gilt. CSU-Stadtrat Kuhn, der sich für eine Verlängerung von Broll-Papes Intendanz ausgesprochen hatte, kritisierte unterdessen SPD-Oberbürgermeister Andreas Starke. "Ich finde es außergewöhnlich fragwürdig, wie man sich in der Debatte so heraushalten und eine Amtsleiterin an der Front so alleine im Schusshagel stehen lassen kann", sagte Kuhn. Das habe ihn "schon irritiert".

In der Stadtratssitzung sei die Sachlichkeit zurückgekehrt

Immerhin in der Stadtratssitzung am Mittwochabend, das sagen Beteiligte, sei die Sachlichkeit zurückgekehrt. SPD-Stadtrat Heinz Kuntke hat mit seiner Fraktion gegen eine Vertragsverlängerung Broll-Papes gestimmt, betonte aber: "Wir haben uns dabei nicht an den Vorwürfen orientiert, die im Raum standen. Das hat für uns keinerlei Rolle gespielt." Stattdessen habe man bereits der letzten Verlängerung unter der Voraussetzung zugestimmt, dass 2025 Schluss sei. "Zehn Jahre Intendanz sind für uns genug."

Derer zwei hat Broll-Pape in Bamberg noch vor sich, in wenigen Wochen soll das Programm für die kommende Spielzeit vorgestellt werden. Für Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar beginnt unterdessen die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin, der oder die bis 2024 feststehen muss. Schon am Donnerstag habe sie erste Gespräche geführt, sagte Siebenhaar.

Am Theater besteht jetzt die Hoffnung, sich endlich wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. Wenngleich durch die Entscheidung ja keine Vorwürfe ausgeräumt oder Konflikte gelöst sind, dürfte peu à peu der Alltag zurückkehren. Am Freitag zum Beispiel wird ein Stück von Thornton Wilder aufgeführt. Es trägt den Titel: "Wir sind noch einmal davongekommen."

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