Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bahn:Das Einzige, was bei der Bahn funktioniert, ist die Störungsmeldung

Es mangelt an Personal, Überholgleisen, Zügen - und speziell im Autoland Bayern an Politikern, die selbst mit der Bahn fahren und sie deshalb als Verkehrsmittel ernst nehmen.

Kommentar von Sebastian Beck

Donnerstag, 7.10 Uhr - der Streckenagent der Bahn meldet sich wieder einmal zum Morgengruß: "Aufgrund einer technischen Störung an der Strecke kommt es zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald zu Beeinträchtigungen. Es ist mit größeren Verzögerungen zu rechnen. Auch kann es kurzfristig zu Zugausfällen kommen." Pendler, die südlich von München wohnen, kennen diese Handy-Botschaften allzu gut. Denn das Einzige, was bei der Bahn wirklich funktioniert, ist die Störungsmeldung. Fällt die Temperatur unter null Grad und liegt nur ein Hauch von Schnee, dann bricht das Verkehrssystem Schiene regelmäßig zusammen.

Die Folgen sind absurd: Gerade nach Wintereinbrüchen müssen Pendler ins Auto steigen, wenn sie pünktlich im Büro erscheinen wollen. Die Bahn stellt einfach tagelang den Betrieb ein. Man stelle sich vor, die Salzburger Autobahn würde eine Woche lang dichtgemacht, um dort in Ruhe Schnee und umgefallene Bäume zu räumen - undenkbar. Für die unhaltbaren Zustände gibt es zwei Hauptursachen: das Durcheinander der Zuständigkeiten fürs Schienennetz und die jahrelange Vernachlässigung durch die Politik.

Die CSU stellt seit 2009 mit Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer ohne Unterbrechung den Bundesverkehrsminister. Was sie für die Bahn alles nicht geleistet haben, erkennt jeder Fahrgast an Verspätungsmeldungen und Zugausfällen. Keiner aber irrlichterte so durch die Verkehrspolitik wie Scheuer: Er lädt die Bahnspitze gerne zu "Krisengipfeln", wo er sich als Macher inszenieren und von den eigenen Versäumnissen ablenken kann.

Ein bisschen erinnert auch der Rapporttermin der Bayerischen Eisenbahngesellschaft an Scheuers PR-Methode. Doch neben Vertragsstrafen brauchen die Bahnbetreiber klare Verantwortlichkeiten und mehr Geld. Es mangelt an Personal, Überholgleisen, Zügen - und speziell im Autoland Bayern an Politikern, die selbst mit der Bahn fahren und sie deshalb als Verkehrsmittel ernst nehmen.

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Quelle:
SZ vom 08.02.2019/ebri/sim
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