Mitten in Schechen:Ausgleich für alle

Ausgerechnet dort, wo die Deutsche Bahn ihren Brennernordzulauf bauen will, möchte die bundeseigene Autobahngesellschaft vorher blühende Landschaften schaffen.

Glosse von Matthias Köpf, Schechen

Dass der Bund große Pläne hat, ist nichts Neues für die Menschen im Landkreis Rosenheim. Der Bund hat dort aber nicht nur große Pläne, sondern auch viele - gerade viel mehr, als er Platz dafür hat. Dabei wären knapp 70 Hektar Grund ja gar nicht so wenig. Auf der Fläche nahe dem kleinen Weiler Mintsberg in der Gemeinde Schechen übte sich einst der Bundesgrenzschutz im Grenzschützen, sicherheitshalber weit genug weg vom gut 50 Kilometer entfernten Österreich. Übrig geblieben sind davon unter anderem ein paar verwitterte Schilder und eine Schießanlage der Bundespolizei, wie der Bundesgrenzschutz schon seit 17 Jahren heißt. Ansonsten hatte der Bund weiterhin Gras über die Fläche wachsen lassen und die Wiesen an örtliche Bauern verpachtet. Nun aber haben Teile des Bundes eben andere Pläne, und es ist nicht so, dass gleich nach allen diesen Plänen in Mintsberg kein Gras mehr wachsen würde. Aber ein anderes Gras wäre es auf jeden Fall.

Denn die früher freistaatliche Autobahndirektion Südbayern, die inzwischen zu einer Gesellschaft namens "Die Autobahn GmbH des Bundes" gehört, will sich die Wiesen bei Mintsberg als ökologische Ausgleichsfläche für künftige Ausbauten an der A 8 sichern. Dann würden aus den regelmäßig mit Gülle gedüngten Nutzwiesen "artenreiche Blühwiesen", wie es von der Autobahngesellschaft heißt. Ökologisch hochwertiger sollte so eine Fläche nämlich schon werden, wenn sie als vorgeschriebener Ausgleich für den Autobahnausbau herhalten muss. Statt Pacht für die Wiesen zu zahlen, sollen die Bauern dann Geld für deren Pflege bekommen, was aber nicht allen von ihnen recht ist, schließlich produzieren sie darauf bisher Futter fürs Vieh. Also setzen die Bauern ausnahmsweise auf eine andere Gesellschaft des Bundes, nämlich die Deutsche Bahn. Deren Pläne für einen neuen Brennernordzulauf bekämpfen die Bauern rund um Rosenheim normalerweise mit Traktorkorsos. Die Gleise sollen bei Mintsberg aber just über einen Teil der fraglichen Fläche verlaufen. Dann würde dort zwar wirklich nicht mehr viel Gras wachsen, aber das wohl frühestens in zehn Jahren. Sollte die Wiese bis dahin wegen der Autobahn ökologisch wertvoller geworden sein, wäre wieder die Bahn am Zug. Sie müsste dann woanders noch viel mehr Ausgleich schaffen. Für die Zerstörung einer artenreichen Blühwiese.

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