Baggerunfall von Innenminister Herrmann:Zurück zum Spaten

Beim Fototermin posierte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in einem Bagger - doch der kippte um. Nach dem Unfall entdeckt der CSU-Mann plötzlich wieder seine Liebe zum herkömmlichen Gartengerät.

Ulrike Heidenreich

Es war ein Moment, der den Personenschützern samt zahlreich anwesender Lokalprominenz den Atem stocken ließ. Als Innenminister Joachim Herrmann elegant einen Baggerarm schwenken lassen wollte, um im Allgäu den Bau einer Straße zu feiern, kippte das 40 Tonnen schwere Arbeitsgerät einfach um.

Unfall Innenminister Herrmann

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wird am Montag in Kempten von seinen Sicherheitsleuten aus einem umgekippten Bagger geborgen.

(Foto: dpa)

Die Spatenstich-Gemeinde schrie erschrocken auf, leicht verletzt wurde der Politiker aus dem zertrümmerten Führerhaus geholt. Nun muss er terminlich erst einmal kürzer treten, trägt wegen seines verstauchten Knöchels einen sogenannten Mondschuh. Kurz nach dem Malheur hatte Herrmann recht gefasst den Unfallhergang zu Protokoll gegeben. Er habe symbolisch mit der Schaufel weichen Waldboden ausgehoben - "wie man das halt so macht".

Wie man das halt so macht: Auf alten Schwarz-Weiß-Fotos stehen Politiker oft schlicht mit einem dünnen Blechschäufelchen vor einem Erdhaufen, um den Baustart für eine Straße, einen Kindergarten, einen Flughafen zu zelebrieren.

Heutzutage rückt ein großer Polit-Tross zu derartigen Anlässen an, meist mit richtig schwerem Gerät. Rauf auf die Planierraupe oder den Bagger, am besten mit Bauhelm, und dann tatkräftig in die Kameras lächeln - so kommt man als Politikmensch rüber, der glaubhaft zupackt.

Erst in der vergangenen Woche ließ sich Bayerns Justizministerin Beate Merk dabei ablichten, wie sie den Neubau des Hauses für Sicherungsverwahrte in Straubing voranbrachte. Sie saß in einem roten Kran, mit Sonnenbrille und Bauhelm. Ein stattlicher Haufen Gäste des Festaktes sah staunend zu.

Innenminister Herrmann wollte da wohl nicht nachstehen, er brachte zum Baubeginn der Nordspange am Montagabend in Kempten einen Staatsminister (Thomas Kreuzer) mit, einen Fernseh-Richter (Alexander Hold), diverse Landtagsabgeordnete sowie einen Oberbürgermeister (Ulrich Netzer). In dessen Wohnung ließ er seine Schnittwunden nach dem Baggerunfall dann übrigens verarzten.

"Das ist kein Spielzeug"

Sein Vorgesetzter Horst Seehofer lebt seine Beziehung zu Baggern umsichtiger aus. Vor drei Wochen war er beim Baubeginn für das Conrad-Logistikzentrum in Wernberg dabei. Wie es sich gehört, hielt Seehofer beim Spatenstich einen echten Spaten in der Hand, auf dem aufgewühlten Erdreich war lediglich ein Miniaturbagger drapiert.

Kampagne 'Sicherheit durch Anschnallen'

Für die Kampagne "Sicherheit durch Anschnallen" wagte sich Herrmann auf einen Gurtschlitten des ADAC.

(Foto: dpa)

Wie wichtig allein nur der Akt des Spatenstiches für manche sein kann, zeigt die Einladung zum "feierlichen Baubeginn für vorbereitende Bauarbeiten" Mitte April im Isental.

Für die Gegner der Autobahn diente dieser Festakt zu einem doch recht umständlich formulierten Anlass als ein reiner Machtbeweis. Im Isental wurde zwar auf einen schweren Bagger verzichtet, dafür wollten ein Umweltminister (Marcel Huber), ein Bundes-Staatssekretär (Andreas Scheuer) und ein SPD-Landeschef (Florian Pronold) unbedingt mitschaufeln. Es standen dann zehn Spaten in Reih und Glied.

Die Polizei untersucht nun, wie es zu dem Unfall Herrmanns kam. Danach entscheidet die Staatsanwaltschaft in Kempten, ob sie Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung einleitet. Diese würde sich dann wohl gegen den Baggerführer oder seinen Vorgesetzten richten.

Der Baggerführer stand außerhalb der Fahrerkabine und hatte offensichtlich vergeblich versucht einzugreifen. Er konnte sich mit einem Sprung retten. Den Innenminister selbst wird man wohl so bald nicht mehr in einem Führerhäuschen sehen, Herrmann sagte geläutert: "Beim nächsten Mal wechsle ich wieder zum guten alten bayerischen Spaten."

Die Fachleute werden das mit Beruhigung zur Kenntnis genommen haben. Denn die IG BAU warnte am Dienstag vor großen Gefahren: Das Auftreten von Politikern bei symbolischen Starts von Bauprojekten als Baggerfahrer sei "weder besonders clever noch vorbildlich", sagte der Sprecher der IG BAU, Ruprecht Hammerschmidt in Frankfurt. "Das ist kein Spielzeug, auch wenn viele gerne mal Baggerfahrer spielen." Baustellen seien gefährliche Arbeitsplätze.

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