Grenze zu Österreich:Ist nach Bruno wieder ein Bär im Anmarsch?

In Reutte in Tirol lief ein Jungbär in die Fotofalle eines Jägers.

Hier steppt der Bär: In Reutte in Tirol lief ein Jungbär in die Fotofalle eines Jägers. Danach machte er sich davon, Ziel unbekannt.

(Foto: Privat)
  • In Tirol ist ein Braunbär in eine Fotofalle getappt.
  • Während die Österreicher ihren Gast gelassen beobachten, wundern sie sich über die Aufgregung in Bayern.
  • Wo sich das mutmaßlich aus dem Trentino stammende Tier derzeit aufhält und ob es bereits die Grenze zu Bayern passiert hat, ist noch unklar.

Von Sebastian Beck, Reutte/München

Für den Jäger im Klausenwald bei Reutte in Tirol war es ein unglaublicher Glückstreffer, als er am Montag vergangener Woche seine Fotofalle auswertete. Eigentlich wollte er den Rotwildbestand in dem Staatsrevier dokumentieren. Vor die automatische Kamera war jedoch kein Hirsch, sondern ein junger Bär gelaufen. Vom Klausenwald bis zur bayerischen Grenze im Ammergebirge sind es kaum mehr als 20 Kilometer - für das mutmaßlich männliche Tier gerade mal eine Halbtagestour. Ist also nach dem tragischen Medienhelden "Bruno" wieder ein Bär im Anmarsch?

"Derzeit gibt es noch keine Hinweise, dass er nach Bayern gewandert ist", heißt es aus dem Bayerischen Landesamt für Umwelt dazu. Die Behörde ist für das sogenannte Bärenmanagement zuständig, das 2006 im Fall des Braunbären "Bruno" spektakulär schiefgegangen war: Bayerns CSU-Umweltminister Werner Schnappauf hatte damals den Bären erst freundlich begrüßt ("Wir wollen wirklich ein netter Gastgeber sein"), danach aber zum Abschuss freigegeben, weil er Menschen zu nahe kam.

Was folgte, war eine Jagd unter den Augen der Weltpresse. Am 26. Juni 2006 erlegten Jäger das Tier im Rotwandgebiet, ihre Namen bleiben bis heute geheim. Seit einigen Jahren ziert Brunos ausgestopftes Fell das Museum Mensch und Natur in München. "Problembär" - diese Wortschöpfung des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber hat Eingang in die Alltagssprache gefunden.

Dem Jungbären, der nun nahe Reutte in die Fotofalle tappte, wird Brunos Schicksal wahrscheinlich erspart bleiben. Das Tier sei unauffällig und habe bisher keine bekannten Schäden angerichtet, sagt Johannes Fritz, der Amtstierarzt des Bezirks Reutte. Wo der Bär steckt, das weiß auch er nicht. "Vielleicht ist er schon in Bayern", sagt Fritz. Vielleicht auch nicht.

Der österreichische Tierarzt wundert sich über die Aufregung in Bayern

Sehr wahrscheinlich stammt das Tier aus dem italienischen Trentino. Von dort wanderte es offenbar ins Pitztal, etwa 40 Kilometer südlich der Grenze zu Bayern. Anfang Juni war auch dort ein Jungbär in eine Fotofalle geraten, möglicherweise derselbe wie später im Klausbachtal. In der Gemeinde Sankt Leonhard wurden drei Schafe gerissen - ob von einem Bären oder streunenden Hunden, das ist laut Fritz noch unklar. Von den Kadavern wurden DNA-Proben genommen, ebenso von einem Reh, das in der Nähe von Reutte gerissen wurde. Bis Ergebnisse vorliegen, kann es zwei oder drei Wochen dauern.

Fritz wundert sich über die große Aufregung, die das Foto "des Bärli", wie er ihn nennt, vor allem auf der bayerischen Seite verursache: "Da sind wir noch vergleichsweise tiefenentspannt." Das Tier sei ohnehin nicht mehr als ein zufälliger Besucher, schon daher gebe es keinen Grund zur Sorge. Dass sich in den bayerischen oder österreichischen Alpen eine feste Bärenpopulation breitmachen könnte, das halten Fachleute wie Fritz für unwahrscheinlich. Das liegt vor allem an der Heimattreue der Weibchen. Sie gehen nur ungern auf Wanderschaft.

Anders ist das bei Wölfen: Männchen wie Weibchen wandern gleichermaßen, entsprechend schnell breiten sich die Rudel aus. In Österreich sind es laut Fritz derzeit vier Rudel, allerdings weit im Osten an der Grenze zu Tschechien. Aber auch mit ihnen habe es bisher keinerlei Probleme gegeben. Die Angst vieler Almbauern vor der Rückkehr der großen Raubtiere kann Fritz nicht nachvollziehen. Alleine in Tirol gingen jedes Jahr von 70 000 Schafen etwa 1000 bis 2000 in den Bergen einfach so verloren. Daran seien weder Bär noch Wolf schuld.

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