EinzelhandelChips und Limo rund um die Uhr

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Grelle Warenwelt, rund um die Uhr verfügbar: Snackautomaten wie beim Boxnstop in Bad Tölz gibt es immer mehr.
Grelle Warenwelt, rund um die Uhr verfügbar: Snackautomaten wie beim Boxnstop in Bad Tölz gibt es immer mehr. (Foto: Manfred Neubauer)

Auf dem Land gibt es immer mehr Snackautomaten, an denen sich die Kunden mit Lebensmitteln eindecken können – auch mit Milch- und Fleischprodukten. Die Betreiber sparen sich Personalkosten und träumen davon, weiter zu wachsen.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Snackautomaten breiten sich aus, auch im Ortsbild von immer mehr Kommunen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Die Maschinen, aus denen man rund um die Uhr Waren ziehen kann, ohne dass die Betreiber Personal vorhalten müssen, waren lange Zigaretten oder Kaugummis vorbehalten. Nun sind sie größer, hell erleuchtet und mit allerlei Essen und Getränken gefüllt. Die Warenwelt im Snackautomaten ist oft quietschbunt, ziemlich international und anscheinend männlich geprägt. Wer sich ein bisschen durch die sozialen Medien klickt, gewinnt jedenfalls schnell diesen Eindruck. Zu sehen sind viele junge Männer, die etwa anpreisen, erstmals die gehypte „Dubai-Schokolade“ mit Pistaziencreme- und Engelshaar-Füllung im Sortiment zu haben. Diverse In-Getränke aus der Blechdose fallen mit asiatischer Beschriftung auf. Im Angebot sind Süßigkeiten aus den USA, spezielle Chips oder Instant-Ramen-Nudeln.

Manuel Fuchs (links) und Maximilian Beck bestücken in Münsing einen Automaten mit US-amerikanischen Snacks und Getränken.
Manuel Fuchs (links) und Maximilian Beck bestücken in Münsing einen Automaten mit US-amerikanischen Snacks und Getränken. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wer nachts durch Münsing am Ostufer des Starnberger Sees fährt, kann das hell ausgeleuchtete Gerät in der scharfen Kurve beim früheren Gasthaus Limm kaum übersehen. Genau so wollte es Manuel Fuchs haben. „Wer aus Richtung See kommt, hat den Automaten viele Sekunden in Sichtweite und Zeit, darüber nachzudenken, zu stoppen“, sagt der Münsinger.

Gemeinsam mit Maximilian Beck hat der Mittdreißiger den Snackautomaten an der Münsinger Hauptstraße im Juni 2024 aufgestellt. Auf die Idee kamen die beiden Elektroniker durch diverse Posts und Videos in den sozialen Medien, wie Fuchs sagt. Snackautomaten sind eine Welle, auf die sie aufspringen wollten. Ein weiterer Automat ihres Unternehmens Three-Sixty-Five-Snacks steht in Ottobrunn (Landkreis München) bereits seit Beginn vorigen Jahres.

Beide Snackautomaten würden gut angenommen, sagt Fuchs. In Münsing habe sich dies besonders während der Badesaison bemerkbar gemacht. Vor allem Ausflügler auf dem Weg zum Ambacher Erholungsgelände am Starnberger See oder auf dem Rückweg nach Hause hätten wohl am Automaten einen Stopp eingelegt, um sich zu versorgen.

Um herauszufinden, was sich am besten verkauft, experimentieren die zwei Geschäftspartner und wechseln regelmäßig das Sortiment. „Anfangs haben wir es mit Grillfleisch, Wurst und regionalen Produkten versucht“, sagt Fuchs. „Das Grillfleisch ist aber gar nicht gut angenommen worden.“ Also flog das wieder aus dem Angebot. Kontinuierlich gefragt seien hingegen klassische, US-amerikanische Softdrinks oder auch spezielle Süßigkeiten, die es bislang so nur in den Vereinigten Staaten gegeben habe.

Noch gibt es in Münsing einige Einzelhandelsgeschäfte aus der Lebensmittelbranche, vom Metzger bis zum Edeka-Supermarkt im Dorfzentrum. Nun könne jeder auch außerhalb ihrer Öffnungszeiten am Automaten etwas kaufen, denkt sich Fuchs. Gespannt sei er, wie sich das Geschäft in der kalten Jahreszeit entwickle.

Chips und Süßes in Bad Heilbrunn

Etwas abseits der durch Bad Heilbrunn führenden Bundesstraße 472 steht der Candy-Man-Snackautomat von Leonardo Casula mitten im Wohngebiet am Krebsenbach. „Meine Haupteinnahmequelle ist das nicht“, antwortet der 38-Jährige, der beruflich eigentlich in der Produktion tätig ist, auf Nachfrage. Den Snackautomaten habe er seit Januar 2024 beim Restaurant da Ricardo seiner Familie platziert. „Im Umkreis gibt es viele Familien mit Kindern“, sagt Leonardo Casula. Für die habe er Chips, Süßigkeiten und Getränke im Sortiment. Das verändere er immer wieder und probiere auch aktuell nachgefragte Trendprodukte aus. „Sonst wird es langweilig“, sagt Casula. Der Automat in Bad Heilbrunn werde gut angenommen, berichtet er. Auch wenn er ihn eher hobbymäßig betreibe.

Nahversorgung für die Tölzer Altstadt aus dem Automaten-Laden

Erik May betreibt im Tölzer Box'nstop gleich eine ganze Reihe von Automaten
Erik May betreibt im Tölzer Box'nstop gleich eine ganze Reihe von Automaten (Foto: Manfred Neubauer)

Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen der Box’nstop in der Klammergasse in Bad Tölz. Sechs Snackautomaten stehen seit Mitte Juni in den Räumen des einstigen Lotto-Geschäfts, das mittlerweile umgezogen ist. Die Produktauswahl in den hell erleuchteten Maschinen ist groß und reicht von Limonaden, verschiedenen Biersorten und Süßigkeiten über Milchprodukte und Wurst bis hin zu Tabakwaren. „Seit im Januar der Edeka-Markt in der Markstraße geschlossen hatte, stand die Tölzer Altstadt praktisch ohne Nahversorgung da“, sagt der Betreiber Erik May. Seine Idee sei es gewesen, den Menschen rund um die Uhr eine Grundversorgung an Lebensmitteln zu bieten. Als der Lotto-Laden aus der Klammergasse auszog, sei dann im Juni alles ganz schnell gegangen.

Während Erik May an einem Montagmittag in seinem Automatenladen erzählt, kommen immer wieder Jugendliche und Kinder zur Tür herein, um sich etwas an den Maschinen zu kaufen. Wer sich ein alkoholisches Getränk oder Tabakprodukte haben will, muss an den Automaten mit Geldkarte oder Ausweis nachweisen, dass er volljährig ist. Bier schon ab 16 Jahren zu kaufen, wie in anderen Geschäften erlaubt, funktioniert im Box’nstop nicht.

Es sei ihm wichtig, möglichst viele Produkte von regional verwurzelten Herstellern im Angebot zu haben, wie etwa die Wurst- und Fleischwaren einer Metzgerei aus dem Isarwinkel, sagt May. Genauso fänden die Kunden in seinen Automaten aber auch viele Trendprodukte, die es so nicht im Supermarkt zu kaufen gebe – von süßen Snacks aus Skandinavien bis zu Limonaden.

Mit dem Box’nstop hat sich May ein zweites berufliches Standbein aufgebaut. Er arbeitet seit Jahrzehnten als Videoproduzent, hat früher Musikvideos gedreht und ist inzwischen für Werbekunden aus der Automobil- oder Kosmetikbranche tätig. Eine Arbeit, die ihm viel Spaß mache, wie er sagt. Doch während der Pandemie habe er erst einmal überhaupt keine Aufträge mehr gehabt. Da habe er gesehen, wie volatil das Geschäft sein könne. Zudem sei es auftragsabhängig. Immer wieder müsse er Monate ohne größeres Einkommen überstehen. Das Geschäft mit den Snackautomaten ist auch deshalb entstanden, um eine verlässlichere Verdienstquelle zu haben. Vorbild sei der Box’nstop in Kaufbeuren gewesen, mit dessen Inhaber er in Kontakt gekommen sei, sagt May. In Tölz lobt er, wie kooperativ sich die Stadt und das im Landratsamt angesiedelte Gewerbeaufsichtsamt verhalten hätten. Inzwischen sucht May in der Region zwischen Tegernsee und Wolfratshausen nach weiteren Standorten für Ladengeschäfte mit Snackautomaten und ist zuversichtlich, dass sein Geschäft expandieren wird.

Verkaufsautomaten jedenfalls gibt es immer mehr. So hat beispielsweise auch die Eglinger Metzgerei Oberhauser im Innenhof ihres Betriebs einen für ihre Fleisch- und Wurstwaren sowie Getränke aufgestellt. Darüber hinaus setzen im Landkreis schon viele Direktvermarkter aus der Landwirtschaft auf 24-Stunden-Automaten, um ihre Produkte an die Kunden zu verkaufen.

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