Bad Tölz:Gestatten: Söder, Markus Söder

Markus Söder im Gespräch mit Moderator Ralf Exel

"Null vorbereitet" sind Markus Söder (li.) und Ralf Exel.

(Foto: Manfred_Neubauer)

Bayerns künftiger Ministerpräsident will zum Wahlkampfstart jeden Regierungsbezirk besuchen, immer im Kino. Menscheln soll es, wenn er - ganz spontan - seine private Seite zeigt.

Von Wolfgang Wittl, Bad Tölz

Eigentlich sollte es ein 90-Minuten-Streifzug werden, nun hat die Aufführung bereits Überlänge. Aber hilft ja nichts, eine Frage ist noch offen. Sie ist die letzte, die das Publikum in Bad Tölz an den künftigen Ministerpräsidenten Markus Söder richten darf. Und weil sie so "pikant" ist, wie Moderator Ralf Exel findet, hat der Absender seinen Namen auf dem Kärtchen lieber verschwiegen (was sofort den Verdacht aufwirft, die CSU stecke selbst dahinter). Die Frage aller pikanten Fragen also heißt: "Wer hat die Ideen für Ihre Faschingskostüme, Herr Söder?"

So sieht das aus, wenn das Format "Söder persönlich" gezeigt wird. Jeden Regierungsbezirk will Söder zum Wahlkampfstart besuchen, immer im Kino. Das Drehbuch kennt eine einzige Botschaft - menscheln muss es. Denn das wird Söder ja vorgehalten: Ein allzu kühler und machtgeiler Politiker strebe da mit allen Mitteln an die Spitze des Freistaats, um sich seinen Traum zu erfüllen. Diesen Vorwurf will Söder entkräften. Dafür lässt er die Bevölkerung näher an sich ran, als das bei Spitzenpolitikern üblich ist.

Und action: Söders erster Weg führt zum Popcornstand, der zweite zu den Kameras. Popcorn rieselt in seinen Mund, hübsche Bilder, nächste Szene. "Null vorbereitet" habe er sich, versichert Söder, was all jene verwundert, die ihn als Perfektionisten kennengelernt haben. Einzige Ausnahme heute: "keine Krawatte." Nun, Fliege wäre eh treffender. Söder kommt im schwarzen Anzug und weißen Hemd, auch die Silhouette in seinem Namen soll wohl an die Aufmachung von James Bond erinnern. Gestatten: Söder, Markus Söder - so weit kommt es nicht, stattdessen verbeugt sich der Hauptdarsteller in Saal drei tief vor 250 Gästen.

Nebenan läuft "Fifty Shades of Grey III (Befreite Lust)" und "Wendy II (Freundschaft für immer)". "Söder persönlich" ist irgendwie eine Mischung aus beidem, eine befreite Lust auf Freundschaft für immer mit dem Wähler. Auch der Moderator versichert, man habe kaum etwas abgesprochen. Nur gut, dass wenigstens die CSU-Landesleitung einen Plan hat. Zu jedem Thema flimmern sofort passende Fotos aus Söders Vita auf der Leinwand: Söder mit Schultüte (Jugend), Söder beim Eintrag ins Kondolenzbuch (Franz Josef Strauß), Söder mit Edmund Stoiber (Generalsekretär), Söder vor einem Kreuz (Glaube), Söder auf dem Tennisplatz (Hobby), Söder beim Tanzen mit Ehefrau (Heimat), Söder in die Ferne blickend (Ministerpräsident).

Show-Time ist Söder-Time, doch mancher Schnitt kommt recht unvermittelt. "Ja, schon", sagt Söder auf die Frage, ob es in der Politik Freundschaften gebe. Gezeigt werden da ausgerechnet zwei Fotos mit Ilse Aigner, die Söders Kandidatur bis zum Schluss bekämpft hat. Auf einen Besuch in Bad Tölz hat die stellvertretende Ministerpräsidentin und oberbayerische CSU-Chefin am Montagabend verzichtet, sie hat einen wichtigeren Termin.

Die Gäste erfahren über Söder mehr, als sie für dessen politische Eignung wissen müssten. Über seine Idole im Sport (Boris Becker, Lothar Matthäus, Michael Groß), über seinen Glauben ("gibt mir Kraft") und über seine Väter - seinen leiblichen und dessen Prognosen für den Sohn ("zwei linke Hände, aber ein großes Mundwerk, das reicht höchstens für Pfarrer oder Politiker"), aber auch über seinen politischen Ziehvater ("ich war immer Edmund Stoibers Adoptivsohn").

Das Publikum goutiert den Ausflug ins Private mit höflichem Applaus, nicht ohne mit der Antwort zu den Faschingskostümen entlassen zu werden. Die Ideen dazu stammten natürlich von Söder, aber drei Stunden in der Schminke, "das ist schon zäh". Söder verbeugt sich, schüttelt Hände von Leuten, die gar nicht vorbereitet sind, lässt sich fotografieren. Die Fans erleben ihn sehr fürsorglich: "Kommen Sie zu mir ins Scheinwerferlicht, da geht's besser."

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