Fotos eines hocherfreuten Ministerpräsidenten waren es: Markus Söder spricht an der langen Tafel in der prunkvollen Münchner Residenz im Schein der Kerzenleuchter zu den Gästen. Ein "festlicher Staatsempfang" zur Automobilmesse IAA-Mobility im September war das, in sozialen Netzwerken frohlockte Söder zu den Bildern: "Konzepte für morgen in historischen Räumen - Bayern ist Motor und Heimat der Mobilitätswende." Wie das auf Twitter und Co. aber so ist, kam der Spott rasch: "Dekadent" sei das Ganze, ein Herrenklub noch dazu, weil man kaum Frauen sehe, nur "Lobbyisten" und "Benzinbosse". Nun kann man so einen Empfang sicher nicht an einem Giesinger Stehausschank abhalten, mit Halbe und Leberkässemmel auf die Hand. Doch in den anderen Punkten schienen die Kritiker auf den ersten Blick auch nicht völlig daneben zu liegen.
Die Grünen wollten das alles genau wissen und haben eine schriftliche Anfrage zu den Details gestellt. Die jetzt eingegangene, noch unveröffentlichte Antwort der Staatskanzlei führt Gäste und Kosten auf. 58 Personen standen auf der Liste, gut zur Hälfte aus öffentlichen Stellen wie Behörden, Ministerien oder Parlamenten, zur anderen Hälfte Externe. "Anlass- und themenbezogen", schreibt Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU), insbesondere ein Querschnitt der wichtigsten Vertreter der Automobilbranche: deutsche Hersteller, große Automobil- und Fahrradzulieferer, Verband der Automobilindustrie VDA, ferner ADAC und Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.
Dieses "alte Denken" gefährde Arbeitsplätze
"Markus Söder hat schon mit der Gästeliste das Thema verfehlt. Wer die Transformation der Fahrzeugindustrie gestalten will, der muss auf Augenhöhe mit Industrie, Gewerkschaften und Mobilitätsverbänden sprechen", sagt Florian Siekmann, Vize-Fraktionschef der Grünen. "Diese Regierung beweist, dass sie gedanklich noch im letzten Jahrhundert steckt, wenn sie keine einzige Gewerkschaft und von den Mobilitätsverbänden nur ADAC und VDA einlädt." Dieses "alte Denken" gefährde Arbeitsplätze und die Mobilitätswende. Die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Claudia Köhler, spricht zudem von einem "teuren Männerabend". Nun muss man wohl einwerfen, dass die Staatskanzlei nichts dafür kann, wer bei eingeladenen Firmen oder Verbänden Chef ist; der externe Frauenanteil betrug 15 Prozent. Besser steht das staatliche Teilnehmerfeld da, mit 24 Prozent.
Die Gesamtkosten des Treffens beliefen sich auf 19 455,08 Euro. Kaum ins Gewicht fallen etwa Garderobendienst oder Infektionsschutzkonzept (alles übrigens regelkonform, da irrten einige Twitter-Geiferer). Zu Buche schlägt vor allem die Verpflegung: 13 224,76 Euro, umgerechnet knapp 230 Euro pro Mund. Nun ja, wie gesagt, Leberkässemmeln hätte es woanders gegeben.
Claudia Köhler sieht ein "Geprotze auf Kosten der Steuerzahlenden". Seit Jahren uferten die Kosten der Staatskanzlei aus, was etwa auch Millionen für Gratulationsbriefe des Ministerpräsidenten oder Zeitungsanzeigen für einen Großelterntag zeigten. Bei Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und Bildung zeige sich die CSU knausrig. Herrmann sieht das Geld für den Empfang dagegen gut investiert. Die Messe sei "zentral für Bayern als internationales Schaufenster einer der weltweit bedeutendsten Automobilstandorte", die Premiere am Standort München war erfolgreich. Der Empfang habe diesen besonderen Anlass gewürdigt. Das gefiel übrigens auch einem grünen Gast: Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.