Kultur-Tipps im Münchner Umland:Ausflüge zur Kunst

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Das Buchheim-Museum in Bernried widmet dem Autor und Zeichner Paul Maar eine Ausstellung. Und der ist viel mehr als der Papa des Sams, das hier aus der Hängematte grüßt. (Foto: Paul Maar)

Rund um München gibt es zahlreiche Museen, die nicht nur mit tollen Sammlungen, sondern auch einer Vielfalt an Sonderausstellungen aufwarten. Die Auswahl ist groß, die Entscheidung fällt schwer. Ein Überblick.

Von Sabine Reithmaier

Bernried: Die Welt des Sams

Eine Ausstellung für die ganze Familie ist Samselsurium im Buchheim Museum, ist sie doch ein Spaziergang durch die zauberhafte Welt von Paul Maar. Im Mittelpunkt steht seine berühmteste Figur, das Sams mit Rüsselnase, roten Borstenhaaren, Froschfüßen und den blauen Wunschpunkten im Gesicht. Das freche Wesen ist nicht allein nach Bernried gekommen, sondern hat Freunde mitgebracht, den von ihm als Vater adoptierten Herrn Taschenbier, aber auch Frau Rotkohl und Herr Mon samt Papagei. Die Original-Illustrationen an den Wänden verdeutlichen freilich, dass Maar nicht nur der Erfinder des Sams ist, sondern als einer der produktivsten Kinder- und Jugendbuchautoren zahlreiche weitere Figuren geschaffen hat, wie den verträumten Lippel, den Troll Tojok, das kleine Känguru oder die Opodeldoks. Nicht zu vergessen die vielen Theaterstücke, die er schrieb. An sie erinnern Plakate. Rund 90 Bücher hat Maar, inzwischen 86 Jahre alt, veröffentlicht, zuletzt schrieb er sogar einen Roman für Erwachsene. Am 4. August kommt er übrigens mit seinem Enkel Hannes Maar zu einer Lesung aus „Die Tochter der Zauberin“ ins Museum, das Buch hat der Enkel illustriert (15 Uhr), am 7. September liest Christine Urspruch, die den Audio-Guide eingesprochen hat, aus den Sams-Büchern (14 Uhr).

Samselsurium, bis 15. September, Buchheim Museum, Bernried

 Murnau: Zeitlose Holzschnitte

Unverwechselbare Bildsprache: HAP Grieshabers Holzschnitt "Frauen- und Männerkopf" aus dem Jahr 1956. (Foto: Museum Wiesbaden, Bernd Fickert/VG Bild-Kunst, Bonn 2024)

HAP (Helmut Andreas Paul) Grieshaber hat seine Holzstöcke zwar mit Schlägeln, Stechbeuteln, Bohrern, Sägen und der Flex bearbeitet. Doch die Bildsprache, die er in seinen Handdrucken entwickelte, ist unverwechselbar und zeitlos gültig, die Themen heute noch aktuell. Das Schlossmuseum Murnau konzentriert sich mit dreißig Exponaten ganz auf die Holzschnitte, die der gelernte Schriftsetzer und Grafiker zwischen 1950 und 1960 schuf. Da hatte er den Krieg bereits als Soldat und Gefangener überstanden. Die Jahre der Unfreiheit und Repression vergaß er aber nie. Als Hauptantrieb für seine Kunst bezeichnete er selbst die Trauer. Der streitbare Grieshaber (1909-1981) engagierte sich für Landschaftsschutz, Ökologie und gegen Atomkraftwerke, die Drucke waren auch sein Sprachrohr. 1955 wurde er als Nachfolger von Erich Heckel an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe berufen. Dort wirkte er bis zu seinem Rücktritt 1959 – er ging, weil er sich wieder eingeengt fühlte.

Drucken ist ein Abenteuer: HAP Grieshaber (1909–1981). Handdrucke der 1950er-Jahre bis 10.11., Schlossmuseum Murnau

Kochel: Versteh’ das Reh

In seiner Wechselausstellung widmet sich das Franz-Marc-Museum in Kochel am See einer besonderen Frage: Was fühlen Tiere? Auch Renée Sintenis hat sich mit seinem liegenden Reh von 1928 mit der Frage beschäftigt. (Foto: Sammlung Karl H. Knauf, Berlin; VG Bild-Kunst, Bonn 2024)

Im Franz Marc-Museum steht gerade ein Tier im Mittelpunkt, das der Hausherr fast genauso oft gemalt hat wie Pferde. „Das Reh fühlt“ lautet der Titel der Ausstellung, die einem Motiv nachspürt, das Marc im Lauf seines kurzen Lebens immer wieder variiert hat. „Hat es irgendwelchen vernünftigen oder gar künstlerischen Sinn, das Reh zu malen, wie es unsrer Netzhaut erscheint, oder in kubistischer Form, weil wir die Welt kubistisch fühlen? Wer sagt mir, daß das Reh die Welt kubistisch fühlt; es fühlt sie als Reh, die Landschaft muß also ´Reh` sein. Das ist ihr Prädikat“, schrieb er 1911. Seine Rehe leiden an der Zivilisation. Die Schau zeigt aber nicht nur Marcs Sicht, sondern reflektiert das Verhältnis von Mensch und Tier auch anhand der Werke von Renée Sintenis, Joseph Beuys sowie Sigmar Polke.

Franz Marc. Das Reh fühlt, bis 6. Oktober, Franz Marc Museum Kochel

Penzberg: Pop Art mit Tiefgang

Inspiriert von Andy Warhol und dem Blauen Reiter: Werke von Corita Kant, hier "I is for Eye", sind in der Sammlung Campendonk zu sehen. (Foto: The Corita Art Center)

Für die amerikanische Pop-Art-Künstlerin Corita Kent (1918–1986) war der Blaue Reiter eine Inspirationsquelle. Nicht minder wichtig war für die Pädagogin und langjährige Nonne des Ordens „Immaculate Heart of Mary“ aber auch Andy Warhol. Die Sonderausstellung im Museum Penzberg Sammlung Campendonk zeichnet die Vielseitigkeit der Künstlerin und ihr vier Jahrzehnte währendes Experimentieren beeindruckend nach. Seit den Fünfzigerjahren arbeitete Kent vor allem mit Serigrafien, für sie eine erschwingliche und demokratische Kunstform, die sie dazu nutzte, um das Evangelium zu verkünden und sich kritisch mit Themen wie Krieg, Armut und Rassismus auseinanderzusetzen. „Die Idee ist, das System der Werbung mit seinem eigenen Spiel zu schlagen“, schrieb sie, „dem kruden Realismus und dem harten Materialismus religiöse Werte entgegenzusetzen oder zumindest echte Werte.“

Corita Kent. Where have all the Flowers gone, bis 17.11., Museum Penzberg Sammlung Campendonk

Garmisch: Stegreifholzerei

Vergessener Bildhauer: Das Museum Werdenfels rückt die Arbeiten wie die Skulptur "11– Walzer" aus Eiche von Georg Grasegger wieder ins Licht. (Foto: Anton Brandl/Museum Werdenfels)

Eine Wiederentdeckung präsentiert das Museum Werdenfels in Garmisch-Partenkirchen. Der expressionistische Bildhauer Georg Grasegger (1873–1927) zählt zu den Bildhauern, die, obwohl sie zu Lebzeiten den öffentlichen Raum mit ihren Arbeiten gestalteten, heute weitestgehend vergessen sind. Geboren in Partenkirchen als Sohn eines Schreiners ging er nach seinem Studium an der Münchner Akademie nach Köln, um an der Kunstgewerbeschule, der späteren Kölner Werkschule, zu wirken. Sein Œuvre reicht von Denkmälern und Brunnen, Innenausstattungen für Museen, architekturbezogenen Arbeiten für Kirchen bis hin zu Kleinskulpturen und Medaillen. In München schuf er schon als Student die Figuren der „Rechtshilfe“ und des „Kronos“ am Justizpalast, später gestaltete er den Haupteingang des Nordfriedhofs. Beeindruckend in der Ausstellung die aus Holz geschnitzten Köpfe, von ihm als „Stegreifholzereien“ bezeichnet. Seine Skulpturen, oft expressionistisch überzeichnet, wirken, als wären die Figuren mitten in ihrer inneren wie äußeren Bewegung stehen geblieben. Viele seiner Arbeiten gingen im Zweiten Weltkrieg verloren, ein Großteil während der Zerstörung der Stadt Köln. Zum Glück hat Grasegger die meisten seiner Werke fotografisch dokumentiert. Vor dem Vergessen bewahrte ihn das nicht. Nun rückt die große Retrospektive mit mehr als 100 Exponaten den Wahl-Kölner wieder ins Licht der Öffentlichkeit.

… die Welt ins Bildhafte reißen …“ Georg Grasegger (1873–1927) – Die Wiederentdeckung eines expressionistischen Bildhauers, bis 3. November, Museum Werdenfels, Garmisch-Partenkirchen

Garmisch: Die Goldenen Zwanziger

Die Sonderausstellung im Museum Aschenbrenner vermittelt das Lebensgefühl dieser Zeit, ohne deren Schattenseiten zu vergessen. (Foto: Museum Aschenbrenner)

Zugspitzflug und Pferderennen, Maskenball und Jazzkonzert – schon klar, dass in den beiden Gebirgsorten Garmisch und Partenkirchen, auch als „südlichste Vorstädte Berlins“ bezeichnet, in den Goldenen Zwanziger einiges geboten wurde. Filmstars und Regisseure wie Henny Porten oder Arnold Fanck hatten die Alpenkulisse für ihre Filmproduktionen genutzt und die Bilder in die Welt getragen. In der Folge boomten Alpinismus und Wintersport. Wer etwas auf sich hielt, reiste ins Gebirge. Tempo ist angesagt: im Sport, in der Entwicklung technischer Geräte und im Bau von Hotels und Bergbahnen. Die Ausstellung im Museum Aschenbrenner vermittelt das Lebensgefühl dieser Zeit, ohne deren Schattenseiten zu vergessen: Not und Armut nach dem Ersten Weltkrieg, politische Unruhen und schließlich das Erstarken des Nationalsozialismus.

Die Zwanziger in Garmisch & Partenkirchen, bis 3.November, Museum Aschenbrenner, Garmisch-Partenkirchen

Gessertshausen: Schwebende Gipfel

Die sehenswerte Retrospektive "Das große Leuchten" des preisgekrönten Bildhauers Stefan Huber wird im Museum Oberschönenfeld gezeigt. (Foto: Christine Hofmann-Brand/VG Bildkunst, Bonn 2024)

Der Watzmann, die Drei Zinnen, die Höfats aus dem Allgäu und der Antelao (Dolomiten) schweben im Dachgeschoss der Schwäbischen Galerie im Museum Oberschönenfeld. Modelliert hat die schneebedeckten Gipfel in strahlend weißem Dentalgips der Bildhauer und Objektkünstler Stephan Huber, 1942 in Lindenberg geboren. Im Vorjahr hat der vielfach ausgezeichnete Künstler den Schwäbischen Kunstpreis erhalten, ein Anlass für die große, sehenswerte Retrospektive. Im Erdgeschoss haben die Wand füllenden Karten, eine andere der Huberschen Werkgruppen, Platz gefunden. Seit Jahren zerschneidet Huber mit der Nagelschere Diercke- oder besonders exakte amerikanische Militärkarten und setzt sie mit Fotos, Gemäldeausschnitten, Stadtplänen, Logos, U-Bahnplänen, Texten zu großen Collagen zusammen. Gestaltet hintersinnig-verschmitzte Welten, erzählt ganz persönliche Expeditions- und manchmal auch Liebesgeschichten.

Stephan Huber: Das große Leuchten, bis 3. November, Schwäbische Galerie, Museum Oberschönenfeld, Gessertshausen

Augsburg: Der Dresscode der Römer

Welche Kleidung haben die Bewohner des antiken Augsburg getragen? Das Fragment eines Grabdenkmals aus Augusta Vindelicum zeigt das Relief einer römischen Frau mit gegürteter Tunika und palla (Mantel). (Foto: Bernhard Rampf)

Haben Römer eigentlich nur Sandalen getragen? Wie waren sie überhaupt gekleidet? Um Textilien, Kleidung und Accessoires im römischen Augsburg kreist ein studentisches Ausstellungsprojekt im Textilmuseum (tim), das in einer zweisemestrigen Zusammenarbeit zwischen der Klassischen Archäologie an der Universität Augsburg, der Augsburger Stadtarchäologie und dem tim entstand. In sechs verschiedenen Bereichen kann der Besucher erkunden, wie die historische Textilproduktion ablief, aber auch erfahren, welche Rolle der Handel mit Textilien spielte und wie die typischen Gewänder der Römerinnen und Römer in Augsburg aussahen. Stoffe haben sich zwar keine erhalten, aber davon abgesehen haben die Studierenden viele Fundstücke zusammengetragen, darunter Webschwerter und Nähnadeln, Gewandfibeln, Teile eines Webstuhls oder repräsentative Grabmäler, deren Reliefs dokumentieren, welche Kleidung getragen wurde. Eine Rarität sind die beiden rund 2000 Jahre alten Handelsetiketten. Labels waren einfach immer schon wichtig.

Dresscode Augusta Vindelicum? Textilien im römischen Augsburg, bis 10. November, Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg

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