Nur, wie inszeniert man ein Kulturgut, das erst mal nicht mehr darstellt als eine Ansammlung von Fett unter einer haarigen Hautschicht? Gabriele Neumaier tut das, indem sie den Bierbauch nicht als das betrachtet, was er ist, sondern was er alles sein könnte. Der Bierbauch als künstlerische Spielwiese, als fleischgewordene Modelleisenbahnlandschaft. Ohne Eisenbahn, logisch, dafür mit Plastikfigürchen, so winzig, dass der Bauch erst recht gewaltig wirkt. Etwas Mehl auf die Wampe, fertig ist die Skipiste. Eine Soldatenfigur in den Bauchnabel setzen, zack, ist der Nabel ein Schützengraben. Ein bisschen kräuselndes Bauchhaar abschneiden, ein Männchen mit Sense daneben, schon ist der Bierbauch eine Erntelandschaft.
Normalerweise ist es ja so: Wenn Fotokunst Bauch zeigt, dann in Hochglanz. Werbung und Modemagazine kennen nur enthaarte, fotoshoppolierte Waschbrettmännerbäuche. Der postmoderne Mann hält sich eben gern an Bilder, in denen er sich selbst wiedererkennt, oder besser: an Sehnsuchtsbilder, in denen er sich gern erkennen würde. Die Bilder von Gabriele Neumaier kommen dagegen ohne Hochglanz aus, nicht mal besondere Lichttechniken nutzt sie. Ein Statement gegen die Eitelkeit eines totalitären Körperkults, der die Askese zum Lebensprogramm macht. Eine Anklage der Postmoderne, die aus maßloser Sehnsucht nach Vernunft auf alles verzichtet, was Lust bringt - aufs Rauchen und eben aufs Trinken, auf fettes Essen.