Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Murnau:Dressuren und Blessuren

Lesezeit: 1 min

Die Repressionen gegen Wladimir von Bechtejeff konnten ihm nichts anhaben, sie hatten aber Einfluss auf seine Rezeption. In Murnau zeigt die Ausstellung "Wiederentdeckt!" nun Werke des russischen Malers.

Von Yvonne Poppek

Wladimir von Bechtejeff konnte tief beeindrucken. Als junger Mann mit seinem großen künstlerischen Talent, als alter Künstler dann mit seinem wachen Geist und seiner inneren Haltung. "Trotz der unvorstellbaren Armut, in der sie lebten, strahlten sie Zufriedenheit aus", schreibt die Kunsthistorikerin Jelena Hahl-Fontaine, die Mitte der Sechzigerjahre Bechtejeff und seine Frau in Moskau besuchte.

Zu diesem Zeitpunkt war Bechtejeff schon weit über 80 Jahre alt und hatte einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Zwei Weltkriege hatte er erlebt, war mit Malverbot belegt worden, schließlich hatte man das Ehepaar als Adelige acht Jahre nach Sibirien verbannt. "Die Bechtejeffs aber waren weise geworden; ihr einziger Kommentar über diese leidvollen Jahre: ,Aber die Landschaft war atemberaubend schön!'", erinnert sich Hahl-Fontaine.

Auch wenn die Repressionen Bechtejeffs Persönlichkeit wohl nichts anhaben konnten, so hatten sie doch großen Einfluss auf dessen Rezeption - vor allem auch außerhalb Russlands. Und das obwohl der 1878 in Moskau geborene Maler einst zur Neuen Künstlervereinigung München zählte und sich dort mit großem Erfolg beteiligte. Als 23-Jähriger kam er nach München, war dort Teil der Schwabinger Kunstszene, tauschte sich mit Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin aus.

Bis 1914 wurden seine Werke in Deutschland ausgestellt und von Museen gekauft. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges aber musste Bechtejeff als Russe Deutschland innerhalb von 48 Stunden verlassen. In seiner Heimat wurde er vom Militär eingezogen. Es begannen die Jahre, in denen ihm sein Schaffen erschwert wurde, das er aber dennoch nie einstellte.

Das Schloßmuseum Murnau widmet ihm nun eine Werkschau - die erste außerhalb Russlands. Sie trägt zu Recht den Titel "Wiederentdeckt!". Jelena Hahl-Fontaine und Sandra Uhrig, die für die Schau verantwortlich zeichnen, haben dabei das weit verstreute Werk des Malers gesichtet, großformatige Gemälde genauso wie Miniaturarbeiten oder Skizzen. Aus mehreren Ländern haben sie die Arbeiten zusammengeführt, die nun vom 22. März an in Murnau zu sehen sind. Dort dürfte Bechtejeff dann vor allem noch einmal eines sein: beeindruckend.

Wladimir von Bechtejeff. Wiederentdeckt!, Do., 22. März, bis 1. Juli, Di. bis So. 10-17 Uhr, Schloßmuseum Murnau, Schloßhof 2-5, 08841/476201

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3915425
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ EXTRA vom 22.03.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.