Ausstellung:Als Johnny Cash in Landsberg stationiert war

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Einfach lässig: Johnny Cash (vorne rechts) lässt als Beifahrer die Beine aus dem MG-Sportwagen baumeln. (Foto: Neues Stadtmuseum Landsberg)

In den Fünfzigern war Johnny Cash als Funker der US-Army in Bayern. Eine Ausstellung über seine Zeit dort zeigt, wie fremd sich Besatzer und Besiegte anfangs gegenüberstanden.

Von Sabine Reithmaier, Landsberg

Ohne Edmund Epples Zähigkeit hätte es nicht geklappt. Der bekennende Johnny-Cash-Fan, im Normalleben Inhaber eines Buch- und Plattenladens, lag Museumsleiterin Sonia Fischer schon ewig in den Ohren, endlich Cashs Jahre in Landsberg zu thematisieren. Schließlich hat der "Man in Black" hier fast drei Jahre gelebt, auch schon gesungen und einige seiner berühmten Titel geschrieben.

Aber ob das für eine Ausstellung reichen würde? Sonia Fischer war skeptisch, noch mehr aber die Historikerin Edith Raim. Aber dann entdeckte sie so viele Unterlagen, dass die Ausstellung jetzt mit Fotos, Plakaten, Installationen und Zeitzeugen-Hörstationen zwar auch Cashs Aufenthalt in der Lechstadt beleuchtet. Aber parallel dazu entwickelt sie ein differenziertes Panorama jener Zeit, in der sich Besatzer und Besiegte anfangs sehr fremd gegenüberstanden, aber bald zahlreiche Berührungspunkte fanden.

Wie Cash nach Deutschland kam

Johnny R. Cash, 1932 als Kind einer armen Farmerfamilie in Arkansas geboren, hatte sich 1950 zur Air Force gemeldet. So wie viele andere junge Amerikaner, die zu Hause keine vernünftigen Jobs fanden und von der Welt etwas sehen wollten. Landsberg oder eine Insel in Alaska - mehr Alternativen hatte der junge Funker nicht. "Die Wahl ist mir nicht schwergefallen", schrieb Cash später in seiner Autobiografie.

Ausstellung im Amerikahaus
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Die Bayern haben den Amerikanern den "Spirit of Gemuetlichkeit" beigebracht - und dafür die Pressefreiheit und Buffalo Bill's Wildwest Show bekommen. Doch das ist noch lange nicht alles, wie eine Ausstellung im Amerikahaus zeigt.

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19-jährig traf er Anfang Oktober 1951 auf dem Fliegerhorst Penzing bei der 12. mobilen Funkschwadron ein. Gepäckkiste, Spind, Uniform erinnern daran ebenso wie der Versuch, den Arbeitsplatz der Funker zu rekonstruieren: Eine Schreibmaschine, ein Empfänger, graue und braune Metallkästen, Kabel ohne Ende - 40 bis 50 Mann waren pro Schicht im Einsatz, saßen mit ihren Kopfhörern eng aufeinander. Alles natürlich top secret. Cash hörte Morsesignale aus dem sowjetischen Funkverkehr ab. "Mein linkes Ohr war so gut, dass ich in Landsberg als absolutes Ass galt", notierte er. Angeblich fischte er im März 1953 sogar als erster die Meldung von Stalins Tod aus dem Äther.

Auf sechs Tage Dienst folgten drei Tage Freizeit. Cash segelte am Chiem- und Ammersee, versuchte sich als Skifahrer in Garmisch-Partenkirchen, ging zum Angeln und aufs Oktoberfest - für ihn ein "big carnival" - unternahm Kurzreisen. Ein Foto zeigt ihn, lässig an ein Auto gelehnt, in Paris. Und hatte trotzdem furchtbares Heimweh, das er in "Hey!Porter" verewigte, sehnte sich nach Vivian Liberto, in die er sich kurz vor seiner Versetzung nach Deutschland verliebt hatte und die er nach seiner Rückkehr auch heiratete. Telefonieren war ihm nur einmal im Jahr erlaubt, Heimaturlaub erhielt er gar keinen, also schrieb er ihr fast täglich einen Brief. Zum Glück, denn dank dieser Briefe weiß Edith Raim viel über seinen Alltag. Eine andere Quelle ist die lokale Truppenzeitung The Landsberg Bavarian, die alle zwei Wochen erschien und über Veranstaltungen, Clubs, Sport, aber auch Landsberger Sehenswürdigkeiten berichtete.

Die erste Gitarre für 20 Mark

Der Zeitung ist auch zu entnehmen, dass am 13. Oktober 1951 im "Amerikino" der Kaserne "Inside the Walls of Folsom Prison" (Meuterei im Morgengrauen) lief. Cash ist tief beeindruckt von dem Film und fühlt sich in seinem "Folsom Prison Blues" in einen Häftling ein, der einem vorbeifahrenden Zug lauscht, über die reichen Passagiere nachdenkt und weiß, dass er, ein Mörder, zurecht im Gefängnis sitzt.

Gruppenbild mit seinen Kameraden. Cash steht in der hinteren Reihe, zweiter von links. (Foto: Neues Stadtmuseum Landsberg)

Bald nach seiner Ankunft hat er sich eine Mundharmonika gekauft. Später erwirbt er im Musikhaus Ballach, das nicht mehr existiert, für 20 Mark seine erste Gitarre, trägt sie im knietiefen Schnee sechseinhalb Kilometer zum Fliegerhorst. "Ich war total steif gefroren." Mit anderen Südstaatlern gründet er seine erste Band, die Landsberg Barbarians. "Wir saßen zusammen in der Kaserne und ermordeten die aktuellen Country-Songs und die Gospellieder unserer Kindheit; mein Tonband hielt das alles fest", heißt es in seiner Autobiografie. Als das Tonband einmal verzerrt abspult, inspirieren ihn die seltsamen Klänge zur Basslinie von "I Walk the Line".

Regelmäßig tritt er als Sänger in den Wohltätigkeitsveranstaltungen der Amerikaner auf, meist zugunsten hilfsbedürftiger deutscher Kinder. Den ersten Auftritt, am 1. Februar 1952 beendet er völlig heiser, weil sich die Zuhörer für einen Dollar Spende ein Lied wünschen. Cash schafft 200 Dollar und wird für so viel Einsatz sogar von seinem Vorgesetzten gelobt.

Vom Bier erwischt er gelegentlich zu viel, geht auch Schlägereien nicht aus dem Weg. Schon klar, warum es die strikte Dienstanweisung gibt: "Don't Take Your Guns to Town". Daraus macht Cash gleich eine Ballade, in der er auch seinen Musikerkollegen Billy Joe verewigt, den in der zweiten Textzeile die "Wanderlust" ergreift. Wirklich gut Deutsch lernt er aber nicht, auch wenn er Festtage gern in Landsberger Familien verbringt, singend natürlich.

Mitte Juni 1954 endet seine Dienstzeit. Cash ist sehr froh, "this cold wet place" verlassen zu dürfen. Einmal kommt er noch zurück: 1959, um Vivian , seinem "Snookie Pootsie", die Stadt zu zeigen. Da ist er bereits ein Star.

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Er war Genie und Trinker. Er kannte Ruhm, aber auch die Drogenhölle, verschwand in der Wüste und liebte "heißer als eine Chilischote". Ein neuer Bildband zeigt den großen Country-Musiker Johnny Cash aus der Sicht seines Sohnes John Carter Cash.

Von Meike Mai

Don't Take Your Guns to Town. Johnny Cash und die Amerikaner in Landsberg, Neues Stadtmuseum Landsberg, bis 31. Januar, Di-Fr 14-17 Uhr, Sa, So 11-17 Uhr. Zur Ausstellung ist im Volk-Verlag ein Katalog erschienen.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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