Süddeutsche Zeitung

Ausflugstipps:Mythen an der Autobahn A 94

Die Gegend um Erharting ist auf den ersten Blick unspektakulär, doch wer genauer hinschaut, stößt auf Hexensagen und Hügelgräber

Die Gegend um Erharting wirkt auf den ersten Blick unspektakulär. Das ist sie aber keineswegs, denn diese Region ist mit historischen Zeugnissen reich gesegnet, und vor allem zeichnet sie sich durch eine geografisch hervorragende Lage aus. Reiseziele wie Altötting und das Alpenvorland sind schnell erreichbar, die Stadt Töging ist nur einen Katzensprung entfernt und auch die Kreisstadt Mühldorf liegt von Erharting nur wenige Kilometer entfernt. Die Mobilität der Erhartinger wird gefördert durch einen unmittelbaren Anschluss an das Bahnnetz der Südostbayernbahn und durch die in Sichtweite vorbeiführende Autobahn A 94, die auf der einen Seite in Richtung München führt, auf der anderen in Richtung Passau.

Doch zunächst einmal ist es ratsam, sich im beschaulichen Erharting selber umzusehen. Der Ort ist geschichtsträchtig genug, und das nicht nur wegen der Schlacht von 1322, deren schauerliche Relikte im Privatmuseum von Herbert Matejka zu besichtigen sind. Unbedingt sehenswert ist die Erhartinger Pfarrkirche St. Peter und Paul, ein um 1760 erbauter Barockbau. Bemerkenswert ist, dass hier der Altar in die falsche Richtung zeigt. In der Regel sind Altäre nach Osten ausgerichtet, also der aufgehenden Sonne zu. Hier zeigt er gen Westen, was den vielen Wallfahrern geschuldet ist, die hier vorbeizogen. Ihnen präsentierte man eine herrliche, noch heute beeindruckende Barockfassade, aber eben zum Preis einer Richtungsänderung der Fassade und des Altars.

Viele Geschichten ranken sich um das in der Nähe von Erharting gelegene Hampersberger Kircherl, das auf einer Lichtung mitten im Staatsforst liegt und einst die Wallfahrer angelockt hat. Zum Kircherl gehörte ein Hof mit 23 Hektar Äcker und Wiesen, der später abgerissen wurde. Der Wald, der nunmehr die Landschaft prägt, wurde erst nach dem Abriss der bäuerlichen Liegenschaften im Jahr 1906 angelegt. Die Mystik dieser Gegend wird unterstrichen durch mehrere Hügelgräber aus der Bronzezeit sowie durch einen alten Kultort. Hier soll einst eine Hexenföhre gestanden haben, bis heute wächst an dieser Stelle nichts anderes außer Gras. Die Sagen um die Föhre werden immer noch erzählt, etwa jene, dass hier in der Walpurgisnacht die Hexen tanzen.

Ähnlich mythenumrankt ist die am Pilgerweg nach Altötting gelegene Klause Engfurt am Isenufer mit ihrer Wegkapelle und einem Christus in der Rast. Hier lebte früher ein Einsiedler. Der Ruf des Einsiedlers Aloysius Ströhl als Naturheilkundiger soll einst bis an den fernen bayerischen Hof in München gedrungen sein. Die Eremitage ist nunmehr modernisiert und steht ruhesuchenden Mitmenschen zur Verfügung. Eine von der Isen ausgeschwemmte Sandsteilwand verstärkt die magische Wirkung dieser Kulisse.

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Quelle:
SZ vom 22.12.2015 / hak
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