Ausflugstipps:Der doppelte Kunstschatz

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Grafik: SZ (Foto: N/A)

Den Münnerstädtern war der Altar des Holzschnitzers Tilman Riemenschneider deutlich zu schlicht, Veit Stoß durfte noch Farbe an die Flügel bringen

Der Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn war wohl kein durch und durch netter Kerl, er hat die Juden aus Würzburg vertrieben und die Hexenverfolgungen intensiviert. Die Münnerstädter zitieren ihn trotzdem gerne: "In Franken nicht die Geringste bist, du Münnerstadt zu dieser First", hat er 1612 über das Städtchen gesagt, das damals noch zu den wohlhabenden in der Gegend gehörte. Mit ihrem Reichtum prahlen sie heute nicht mehr, auch wenn es noch die Sprüche gibt, dass Münnerstadt das Geld habe, das Stadtbild allerdings zeugt noch vom alten Wohlstand.

Durch die Stadttore betritt der Besucher Münnerstadt immer noch, auch wenn es freilich davor längst Gewerbegebiete gibt. Schöne Fachwerkhäuser und das ehemalige Deutschordensschloss lassen erahnen, dass Münnerstadt einst mächtiger war als heute. Im Schloss ist das Henneberg-Museum untergebracht, das die Geschichte der Region abbildet, von Handwerk über den Handel bis zur Volksfrömmigkeit. Die war ganz offenbar ausgeprägt in der Stadt, so beauftragten die wohlhabenden Münnerstädter Handerker den damals aufstrebenden Holzschnitzer Tilman Riemenschneider, einen Alter für die Stadtpfarrkirche zu fertigen. 1492 lieferte er das damals unerhört innovative Werk: Der Alter mit den geschnitzten Bildern aus dem Leben von Maria Magdalena war nicht bunt. Riemenschneider hatte seine Szenen in Holz geschnitzt und so belassen. Das gefiel den Münnerstädtern nicht besonders, sodass sie ein paar Jahre später den Nürnberger Künstler Veit Stoß beauftragten, wenigstens die Außenseiten der Altarflügel mit bunten Szenen zu bemalen. Was dieser auch tat, sodass Münnerstadt heute einen doppelt wertvollen Kunstschatz in seiner Kirche birgt. Der Altar ist der erste bekannte von Tilman Riemenschneider, wenn auch nicht sein berühmtester.

Das Leben in der Stadt prägten seit dem 13. Jahrhundert die Augustiner mit, deren prachtvolle Rokoko-Kirche St. Michael einen Abstecher lohnt. Ihr Internat besuchten viele Schüler, die der Stadt noch verbunden sind. Heute ist die Stadtverwaltung in die Schule eingezogen, aber drei Patres leben immer noch im Kloster.

Etwas außerhalb der Stadt liegt die ehemalige Zisterzienser-Abtei Maria Bildhausen, die vom zwölften Jahrhundert bis zur Säkularisation ein bedeutendes Kloster war. Dann verfiel die Anlage, bis Ende des 19. Jahrhunderts der Pfarrer Dominikus Ringeisen die inzwischen arg ramponierten Gebäude kaufte und dort ein Zentrum für behinderte Menschen errichtete. Mehrere hundert leben auf dem weitläufigen Gelände zusammen mit den Franziskanerinnen der St. Josefskongegration Ursberg und werden dort betreut. Es gibt einen Klosterladen und einen Gasthof und nebenan sogar einen Golfplatz.

© SZ vom 01.09.2015 / kaa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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