Augsburg:Wenn der Kinderwunsch strafbar ist

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Ein Schnuller baumelt einsam an einem Geländer.

(Foto: Getty Images)
  • Einer Sozialpädagogin aus Augsburg wird vorgeworfen, Frauen mit Kinderwunsch an Eizellenspenden-Kliniken in Tschechien vermittelt zu haben.
  • Die Methode, sich befruchtete Eizellen einer anderen Frau einsetzen zu lassen, ist in Deutschland nicht erlaubt - während sie in den meisten europäischen Ländern gängige Praxis ist.

Von Christian Rost, Augsburg

Für Paare, die sich sehnlichst ein Kind wünschen, bei denen es mit der Schwangerschaft aber einfach nicht klappen will, war die Hilfe einer Augsburger Sozialpädagogin ein Segen. Die 56-Jährige arbeitete von Anfang der Neunzigerjahre an als Kinderwunschberaterin und begleitete auch Paare, denen die hierzulande erlaubten Methoden bei einer Kinderwunschbehandlung nicht geholfen haben. Diese Beratungstätigkeit brachte die Frau vor das Augsburger Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft warf ihr Beihilfe zur missbräuchlichen Anwendung von Fortpflanzungstechniken und somit einen Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz vor. In 23 Fällen soll sie Frauen mit Kinderwunsch an Eizellenspenden-Kliniken in Tschechien vermittelt haben.

Die Methode, sich befruchtete Eizellen einer anderen Frau einsetzen zu lassen, ist in Deutschland nicht erlaubt, während sie in den meisten europäischen Ländern gängige Praxis ist. In den Nachbarländern rund um Deutschland hat sich deshalb eine regelrechte Kinderwunsch-Industrie entwickelt. Ob in Bregenz oder in Prag - überall bieten Kliniken Eizellenspenden an.

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Während die Politik hierzulande erst langsam erkennt, dass das Embryonenschutzgesetz von 1991 voller Widersinnigkeiten steckt, weil Samenspenden erlaubt sind und Eizellenspenden nicht, verfolgt die Justiz beharrlich all jene, die sich des Themas weiter annehmen. Gegen zahlreiche Frauenärzte, auch in Bayern, wurde ermittelt, die deutsche Patientinnen auf die Eingriffe im Ausland medizinisch vorbereiteten. Viele dieser Ermittlungsverfahren verliefen im Sande.

Zwar mussten einige Mediziner Bußgelder zahlen, die Entwicklung war aber nicht zu stoppen. Nach wie vor fahren Frauen auch in Länder wie Großbritannien, Spanien oder Polen und kehren schwanger zurück, mit künstlich befruchteten Eizellen junger Spenderinnen. Die behandelten Frauen selbst belangte die deutsche Justiz nie - weil sie in den jeweiligen Ländern etwas getan haben, was dort nicht strafbar ist.

Auch in Deutschland gibt es Möglichkeiten, Paaren zu einem Kind zu verhelfen. Erlaubt sind Hormonspritzen, Insemination, also die Übertragung des Spermas in Gebärmutter oder Eileiter, und die künstliche Befruchtung im Labor, in vitro genannt. Diese Behandlungen können zum Erfolg führen, in vielen Fällen funktionieren sie aber auch nicht. Es ist oft ein jahrelanges Hoffen und Bangen für die kinderlosen Paare, und Tausende Euro kosten die Eingriffe auch. Als letzte Hoffnung bleibt den Betroffenen oft nur eine Eizellen-Spende.

Der Augsburger Kinderwunschberaterin konnte die Staatsanwaltschaft letztlich kein strafbares Verhalten nachweisen. Sie hatte die Frauen zwar beraten, was eine Eizellenspende bedeutet, sie aber nicht an Kliniken vermittelt. Ihre Klientinnen seien bereits mit dem Ziel, sich im Ausland Eizellen einsetzen zu lassen, zu ihr gekommen, so die Angeklagte. Diese Einlassung konnte die Anklage nicht widerlegen. Verurteilt wurde die 56-Jährige dennoch. Bei einer Hausdurchsuchung hatte sie einen Aktenordner und somit ein Beweismittel verschwinden lassen. Der sogenannte Verstrickungsbruch kostet sie eine Geldstrafe von 2400 Euro.

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