Augsburg:Wahlversprechen ade

Trotz der Ansage des Oberbürgermeisters, Gewerbe- und Grundsteuer nicht zu erhöhen, passiert genau das

Von Stefan Mayr, Augsburg

Es klang so schön und eindeutig, was Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl vor der Kommunalwahl 2014 versprach: "Steuererhöhungen, insbesondere der Gewerbe- und Grundsteuer, lehnen wir ab", tönte er in seinem Wahlprogramm. Und in seinem "Aktivprogramm Bezahlbares und Soziales Wohnen" versprach er die "Stabilisierung von Wohnnebenkosten (z. B. Grundsteuer)". Heute, zwei Jahre später, gelten diese Aussagen nicht mehr. Gribl und seine Finanzreferentin Eva Weber wollen sowohl Gewerbe- als auch Grundsteuer erhöhen.

Wenn es nach dem Haushaltsentwurf der CSU-Politiker geht, soll der Grundsteuer-Hebesatz (565) sogar höher werden als in München (535). Das will nicht einmal der Stadtregierungspartner SPD mitmachen. Der Widerstand gegen die Pläne wächst, die Rathaus-Opposition kritisiert vor allem, die Stadtspitze müsse nur deshalb bei Unternehmen und Bürgern zusätzliches Geld eintreiben, weil sie woanders unnötig Geld ausgebe.

Dabei spielen die Kritiker vor allem auf ein teures und aufwendiges Sparprojekt an, welches das schwarz-rot-grüne Regierungsbündnis heimlich still und leise begraben habe: Im Jahr 2011 ließ sich die Stadt für 120 000 Euro ein 1100-seitiges Gutachten erstellen. Die Experten von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) nahmen die Stadtfinanzen monatelang unter die Lupe, das gemeinsame Ziel lautete: Innerhalb von zehn Jahren sollen die jährlichen Ausgaben um 60 Millionen Euro eingedampft werden. Am Ende gab es 287 Vorschläge, wo und wie die Stadt Kosten sparen könnte. Doch heute sagen etliche Stadträte: Außer Spesen nix gewesen, die meisten Punkte wurden und werden nicht umgesetzt.

Tatsächlich räumen sogar hochrangige Vertreter der CSU hinter vorgehaltener Hand ein, der einstmals großspurig angekündigte KGSt-Prozess werde "zu wenig" umgesetzt. Vor allem im Personalbereich - er kostet jährlich knapp 250 Millionen Euro - gebe es erhebliches Einsparpotenzial. Finanzreferentin Weber bezeichnet diesen Vorwurf dagegen als "Mär": "Kein anderer Oberbürgermeister hat mit seinen Referenten in acht Jahren so viele strukturelle Änderungen für diese Stadt angestoßen wie Kurt Gribl", sagte sie am Donnerstag im Stadtrat. Der Personalbestand sei zwar tatsächlich gestiegen, dies sei aber auch nötig, da die Stadt in den vergangen zwei Jahre um 10 000 Einwohner gewachsen sei. Auch OB Gribl betont, die Stadt sei bei den Investitionen "extrem zurückhaltend" und beschränke sich auf "das unabweisbar Nötige".

Gribl und Weber zufolge habe die Stadtverwaltung die Ausgaben bereits um 70 Millionen Euro gesenkt. Doch das reiche nicht, weil vor allem die Kosten für Soziales stetig anstiegen. Zudem habe die Stadt ein strukturelles Problem: Das Einkommen der Augsburger Privathaushalte liege bei nur 81 Prozent des bayerischen Durchschnitts. All das führe zu einer Finanzierungslücke von 17 Millionen Euro, diese könne nur durch den Griff zur Steuerschraube gestopft werden.

Nun protestiert die IHK gegen die Gewerbesteuer-Erhöhung (von 435 auf 470 Punkte), der Mieterverein und Regierungspartner SPD sind gegen den Anstieg der Grundsteuer. "In dieser Höhe ist das nicht verträglich", sagt SPD-Fraktionsvorsitzende Margarete Heinrich. Eva Weber ihrerseits fordert alle Gegner auf, ihre Kritik auch mit konstruktiven Vorschläge zu unterfüttern, wie sie den Etat anders ausgleichen wollen. Der Haushalt 2016 wird voraussichtlich im März im Stadtrat beschlossen. Dabei werden womöglich auch Gribls Wahlversprechen von 2014 zur Sprache kommen.

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