Im Internet werben die Stadtwerke Augsburg für Windkraft, unter anderem mit Rechenbeispielen: Dreht sich ein Windrad eine Stunde, steht dort, könne man mit der Energie ein Jahr, 16 Monate und sieben Stunden lang staubsaugen. Oder auch 1666 Pizzen backen. Dass man die Kommune, in deren Gebiet das Windrad steht, aber auch am Gewinn der Anlage beteiligen könnte, das steht dort nicht.
In Starkenberg/Thüringen wundern sie sich deshalb schon länger: Die Stadtwerke Augsburg betreiben dort zwei Windräder, sie bewerben den grünen Strom, den sie damit erzeugen. Aber der Partnerkommune Geld bezahlen, wie es § 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als freiwillige Leistung vorsieht – das lehnen die Stadtwerke, eine Tochter der Stadt Augsburg, rundheraus ab.
Vier Windräder betreiben die Stadtwerke, zwei in Gnannenweiler auf der Schwäbischen Alb, zwei in Starkenberg. Als drittgrößtes kommunales Versorgungsunternehmen in Bayern beliefern die Stadtwerke Augsburg mehr als 350 000 Menschen mit Energie und Wasser und betreiben den regionalen öffentlichen Nahverkehr. „In Augsburg heißt es, die Straßenbahnen fahren mit grünem Strom“, sagt Starkenbergs Bürgermeister Andreas Zetsche. „Aber wir sind die, die beeinträchtigt sind.“ Neun Anlagen stehen bei Starkenberg, auch von anderen Betreibern. Eine Windenergie-Abgabe, wie sie das Gesetz seit 2021 erlaubt, würde der Gemeinde enorm helfen, sagt der Bürgermeister: etwa um die Elternbeiträge bei den Krippenkosten stabil zu halten.

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Anlagenbetreiber sollen Gemeinden, die von der Errichtung ihrer Anlage betroffen sind, finanziell beteiligen, heißt es im EEG-Gesetz. Sie dürfen deshalb den betroffenen Gemeinden Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge anbieten. Der Bund will so die Akzeptanz von Anlagen fördern und auch sicherstellen, dass Zahlungen von Betreibern an Gemeinden nicht als Bestechung ausgelegt werden. Allerdings zeigen die Formulierungen „sollen“ und „dürfen“, dass die Abgabe eben keine Pflicht ist. Der Bund darf eine solche Abgabe nicht vorschreiben, da wären die Länder gefragt, wo es aber, wie in Bayern, bis auf wenige Ausnahmen keine entsprechenden Initiativen gibt.
„In der kommunalen Familie, denke ich, kann man sich gegenseitig unterstützen“, so formuliert es, ganz vorsichtig, Starkenbergs Bürgermeister Zetsche und verweist auf die Energiebauern Sielenbach, ganz in der Nähe der Großstadt Augsburg im Landkreis Aichach-Friedberg. Das Unternehmen betreibt in Starkenberg unter anderem einen Solarpark – und zahlt eine freiwillige Abgabe, wie viele andere Unternehmen in Deutschland und in Bayern auch. Die Stadtwerke Augsburg dagegen verweisen knapp auf „organisatorische sowie finanzielle“ Gründe, die es unmöglich machten, eine solche Abgabe zu zahlen.
Der Fairness halber gesteht Zetsche, dass die Stadtwerke in Starkenberg vor etwas mehr als zehn Jahren, als die Windräder gebaut wurden, nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen wurden. Es gab ein Klageverfahren, es gab eine Bürgerinitiative. Die Geräuschentwicklung, der Schattenwurf der Anlagen, die nah am Ortsteil Kraasa stehen, all das stört Anwohner heute noch. Den Bürgermeister stört hauptsächlich, dass die freiwillige Abgabe von allen neun Anlagen im Windpark etwa eine Viertelmillion Euro im Jahr brächten – momentan erhält er nur von drei Anlagen Gewerbesteuer. „Das ist ein Batzen Geld, das macht einen deutlichen Unterschied“, klagt Zetsche.
Der Bürgermeister und seine Bürger zählen nun darauf, dass die inzwischen in die Jahre gekommenen Anlagen bald ein Repowering benötigen, also eine Modernisierung. Dann hätten alle was davon: Die Anlagen würden mehr Strom abwerfen. Und die Abgabe an Starkenberg würde zur Pflicht werden.