Augsburg:Deutschlands zweitsicherste Großstadt will noch sicherer werden

Maximilianstraße mit dem Herkulesbrunnen und die Basilika St Ulrich und Afra in Augsburg Schwaben

Entlang der Maximilianstraße in Augsburg verläuft die Feiermeile, an der es immer wieder zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt.

(Foto: Volker Preußer/imago)
  • Seit 2017 hat die Stadt Augsburg zwölf Betretungsverbote ausgesprochen, drei sind derzeit aktiv.
  • Betretungsverbote sollen helfen, Augsburg im Bereich der Party- und Drogenszene sicherer zu machen und dazu beitragen, Gewalt gegen Einsatzkräfte einzudämmen.
  • Augsburg hat das Mittel der Betretungsverbote bereits zwei Jahre lang getestet, ohne dies öffentlich zu kommunizieren. Nun will die Polizei das Konzept erweitern.

Von Florian Fuchs

Der Mann wollte mit seiner Freundin in einen Club, war aber schon schwer betrunken. Der Türsteher verweigerte den Einlass, es kam zum Konflikt; seinen Frust ließ der Betroffene schließlich an seiner Freundin aus: Er griff sie an und würgte sie fast bis zur Bewusstlosigkeit, Handgemenge mit Türstehern und alarmierten Polizisten inklusive.

Als die Polizisten den Fall bearbeiteten, bemerkten sie, dass der Mann schon mehrmals wegen Körperverletzung, Widerstands und Alkoholdelikten aufgefallen ist. Auf Antrag der Polizei erteilte die Stadt Augsburg dem mehrfachen Straftäter deshalb ein Betretungsverbot für die Innenstadt: Ein Jahr lang darf er sich dort, in der Nähe von Clubs und Bars, nachts nicht mehr aufhalten.

Augsburg feiert sich als zweitsicherste Großstadt in Deutschland, Statistiken besagen, dass nur München noch sicherer sei. Um die Lage gerade in Problemzonen wie dem Königsplatz oder nachts an der Feiermeile rund um die Maximilianstraße zu entschärfen, hat sich Augsburg nun vom Vorreiter eine Methode abgeschaut, die es so noch nicht in vielen Städten gibt.

"Wir haben uns München ein bisschen zum Vorbild genommen", sagt Robert Kühnel, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Augsburg-Mitte. Betretungsverbote sollen helfen, Augsburg nicht nur im Bereich Party- und Drogenszene sicherer zu machen, sondern auch dazu beitragen, Gewalt gegen Einsatzkräfte einzudämmen. Den Mann, der seine Freundin fast bewusstlos gewürgt hat, zieht Kühnel dafür als Beispiel heran.

Betretungsverbote sind eine deutlich schärfere Waffe als zum Beispiel Platzverweise, die Polizisten ohnehin aussprechen dürfen, allerdings maximal für zwei Wochen. Die Verbote müssen von der Polizei bei der Stadt beantragt und von der Verwaltung bestätigt werden. Betroffene dürfen dann etwa die Partymeile in der Innenstadt ein Jahr lang immer freitags, samstags und vor Feiertagen zwischen 22 und sechs Uhr morgens nicht mehr betreten.

Die Verbote sind reine Verwaltungsakte, Gerichte sind damit nicht befasst

Betroffene aus der Drogenszene, die wiederholt durch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgefallen sind, dürfen die Drogenhotspots der Stadt, also etwa den Königsplatz, von 14 bis sechs Uhr morgens nicht mehr betreten - ein solches Verbot gilt täglich, ebenfalls für ein Jahr. Wer dagegen verstößt, muss 1000 bis 2000 Euro Zwangsgeld bezahlen oder kommt ersatzweise in Haft. Augsburg hat das Mittel der Betretungsverbote bereits zwei Jahre lang getestet, ohne dies öffentlich zu kommunizieren. "Es hat sich als Erfolg erwiesen, deshalb erweitern wir das jetzt", sagt Robert Kühnel. Wer in Augsburg künftig nachts Einsatzkräfte angreift, muss ebenfalls mit Betretungsverboten rechnen.

Es sei ihm bewusst, dass "dies einen relativ großen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt", sagt Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD). Es sei aber ein effektives Mittel, um einzelne Gefährder aus dem Verkehr zu ziehen und andere präventiv abzuschrecken. Die Hürden, um ein Betretungsverbot auszusprechen, seien relativ hoch, betonen Kühnel und Wurm: Betroffene müssten wiederholt Straftaten wie Körperverletzung oder Diebstahl begehen und eine negative Sozialprognose aufweisen. Und die Straftaten müssten signifikant sein.

Wer also einmal negativ auffällt, wird nicht gleich belangt. Die Verbote sind reine Verwaltungsakte, Gerichte sind damit nicht befasst. Kühnel rechtfertigt dies damit, dass "nur eindeutige Fälle" an die Verwaltung herangetragen würden. Betroffene hätten jederzeit die Möglichkeit, die Entscheidung von einem Verwaltungsgericht überprüfen zu lassen. "Im Grunde ist es wie bei einer Grillparty", sagt der Polizist. "Wer dort zweimal negativ auffällt, wird bestimmt kein drittes Mal eingeladen."

Seit August 2017 hat Augsburg zwölf Betretungsverbote ausgesprochen, drei sind derzeit aktiv. In München waren es im Bereich der innerstädtischen Feiermeile 2017 und 2018 elf Verbote. Die Zahlen zeigten, dass dies sehr vereinzelte Maßnahmen seien, sagte Ordnungsreferent Wurm. So fällt den Polizisten die Kontrolle leichter: Die Betroffenen sind ihnen meist bekannt. Tatsächlich gab es schon mehrere Verstöße, die mit Zwangsgeld oder Ersatzhaft geahndet wurden. Für Kühnel sind Betretungsverbote neben verschärften Gesetzen und Bodycams vor allem ein probates Mittel, um Angriffen auf Einsatzkräfte vorzubeugen - auch auf Feuerwehrleute und Sanitäter.

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