Augsburg:Schwebende Kündigungen

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Entlassung von Lehrern hängt ab von Ermittlungen gegen Schule

Von Florian Fuchs, Augsburg

Hat die Hermann-Schmid-Akademie (HSA) in Augsburg, die fünf Privatschulen betreibt, den Staat um Geld betrogen? Die Staatsanwaltschaft ermittelt, am Montag trafen sich HSA-Prokuristin und drei Lehrer der Schulen vor Gericht: Allerdings nicht, um die Vorwürfe aufzuklären, sondern um über mögliche Entlassungen dieser Lehrer zu verhandeln. Die HSA möchte den Lehrern, die zugleich Betriebsräte sind, außerordentlich kündigen. Sie waren es, die sich mit Zweifeln am korrekten Umgang mit staatlichen Zuschüssen an Aufsichtsbehörden gewandt hatten. Der Streit wurde am Montag jedoch nicht entschieden: Der Richter am Arbeitsgericht beschied im Einvernehmen mit den Streitparteien, dass man die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten solle.

Die Augsburger Staatsanwaltschaft hatte im November HSA-Geschäftsräume und die Wohnräume des Geschäftsführers sowie seiner Tochter, der Prokuristin, durchsucht. Es geht um den Verdacht des Subventionsbetrugs. Die Geschäftsführung soll mit falschen Daten versucht haben, höhere staatliche Zuschüsse zu bekommen, als der Akademie eigentlich zustünden. Im Betriebsrat waren Unregelmäßigkeiten aufgefallen: So seien Klassen beim Staat angemeldet gewesen, im Lauf des Jahres aber zusammengelegt worden. Die Zuschüsse pro Klasse flossen demnach jedoch weiterhin. Zudem soll die Geschäftsführung mehr Lehrerstunden angemeldet haben, als abgeleistet wurden - und so auch mehr Geld vom Staat bekommen haben.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an, die unliebsamen Betriebsräte würde die Geschäftsführung aber gerne loswerden, was unter anderem den Landesverband Bayern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft erzürnt: Die Kündigung "demokratisch gewählter Mitglieder eines Betriebsrats" hält die Gewerkschaft für "einen Skandal", teilte sie am Rande der Verhandlung mit. Zahlreiche Schüler hatten sich bei Gericht eingefunden, um ihre von der Kündigung bedrohten Lehrer zu unterstützen. Es waren so viele Schüler, dass nicht einmal alle in den kleinen Sitzungssaal eingelassen werden konnten. "Die Stimmung an unseren Schulen ist ganz schlecht. Das sind unsere besten Lehrer, die hier vor Gericht stehen", sagte einer von ihnen. Die Gewerkschaft beklagt auch, dass Lehrer an der HSA teils deutlich schlechter bezahlt würden als staatlich angestellte Lehrer.

Der Richter ließ erkennen, dass er den Ausgang des Verfahrens von den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft abhängig macht. Wenn sich die Vorwürfe des Subventionsbetrugs also als gerechtfertigt herausstellen, werden die Kündigungen kaum haltbar sein. Sollte sich herausstellen, dass die Akademie keinen Fehler gemacht hat, "wird es eng" für die Lehrer, sagte der Richter. Dann wären auch Schadenersatzansprüche ein Thema. Der private Schulträger hatte bei einem der Betriebsräte sogar schon Gehalt einbehalten wegen eventueller Schadenersatzzahlungen. Dieses Geld erhält er allerdings wohl wieder zurück, "um etwas Dampf aus der Sache zu nehmen", wie es der Richter formulierte. Gewerkschaft und Lehrer verstehen jedoch nicht, warum den betroffenen Angestellten als Betriebsräten überhaupt die Kündigung drohen soll. Als Betriebsräte, so die Argumentation, sei es ihre Pflicht, Verdachtsmomente über Unregelmäßigkeiten an Aufsichtsbehörden weiterzugeben - selbst, wenn die Staatsanwaltschaft dies nach Abschluss der Ermittlungen anders bewerten und die Geschäftsführung entlasten würde.

© SZ vom 28.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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