Augsburg:Freistaat schließt Vergleich - und vermeidet Konfrontation mit Sauter

Das Bauministerium lässt kurzfristig einen Mietvertrag platzen, den der Anwalt und ehemalige CSU-Abgeordnete aufgesetzt hatte. Daraufhin klagt der Investor auf neun Millionen Euro Schadenersatz. Sauter war als Zeuge geladen.

Von Sebastian Krass, Augsburg

Nach dem schnellen Ende der Verhandlung hatte der Richter vor allem eine Sorge: ob man den sieben geladenen Zeugen noch rechtzeitig Bescheid geben kann, dass sie nicht mehr im Landgericht Augsburg auftauchen müssen. Thomas Hauss, Rechtsanwalt der Münchner Immobilienfirma, die den Freistaat wegen eines geplatzten Mietvertrags verklagt hatte, gab Entwarnung: Ja, die von ihm benannten Zeugen werde man erreichen. Und ja, das gelte auch für Alfred Sauter. Hauss hatte sich kurz vor der Gerichtsverhandlung am Dienstagmittag mit dem Anwalt des Freistaats auf einen Vergleich geeinigt. Demnach zahlt die öffentliche Hand 250 000 Euro an die CV Real Estate (CVRE), die ursprünglich auf etwa neun Millionen Euro Schadenersatz geklagt hatte.

Der Vergleich hatte für den Freistaat eine angenehme Begleiterscheinung: dass ihm eine Konfrontation mit Alfred Sauter, dem Rechtsanwalt, Geschäfte-Vermittler und Landtagsabgeordneten, der bis März dieses Jahres der CSU-Fraktion angehörte, erspart blieb.

Denn Sauter, so viel ist sicher, war eine Schlüsselfigur bei diesem im Frühjahr 2021 von der damaligen Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) abgeblasenen Immobiliendeal in Augsburg. Sauter hatte mit einer Anwaltskollegin für die CVRE-Tochterfirma CV GE21 GmbH im Herbst 2020 einen Mietvertrag für ein neues Bürogebäude in Augsburg aufgesetzt. Das bayerische Bauministerium wollte dort einen Teil seiner Belegschaft unterbringen.

8110 Quadratmeter hätte der Freistaat dem Vertragsentwurf zufolge angemietet, für eine Monatsmiete von gut 200 000 Euro - fast 25 Euro pro Quadratmeter sind ein ordentlicher Preis für den Standort Augsburg. Aber das Gebäude, das sich noch im Bau befindet und unter dem Projektnamen "Aurum" vermarktet wird, liegt ausgezeichnet, auf dem Ladehöfe-Areal direkt am Hauptbahnhof. Über die Mindestvertragslaufzeit von zehn Jahren hätte der Vertrag ein Volumen von etwa 24 Millionen Euro gehabt, eine Verlängerungsoption von fünf Jahren war mit ausgehandelt.

Und dass der Freistaat bereit ist, für Ministerialbüros gutes Geld auszugeben, hat er zuvor bereits in München bewiesen. Dort mietete er 2019 in der ehemaligen Linde-Zentrale nahe dem Marienplatz Flächen für das Innenministerium zu 39,50 Euro pro Quadratmeter an, die monatlichen Kosten dort belaufen sich auf 527 000 Euro.

Für CVRE wäre der Abschluss in Augsburg ein Riesenerfolg gewesen, denn ein so langfristiger und solider Mietvertrag steigert den Wert der Immobilie für einen Verkauf, den das Unternehmen früher oder später anstrebt.

Doch am 22. März 2021 musste Sauter unter großem Druck seiner Partei aus der CSU-Fraktion austreten. Zuvor war bekannt geworden, dass er in der Corona-Krise Millionendeals zwischen dem Freistaat und einer Maskenfirma vermittelt und dabei sehr viel Geld verdient hatte. Am 30. März sagte die damalige Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) die Unterschrift des Mietvertrags ab. Wegen Corona und der gestiegenen Home-Office-Quote müsse man den Bürobedarf neu bewerten, so die offizielle Begründung - die allerdings merkwürdig anmutet, hatten die Vertragsverhandlungen mit dem Vermieter doch im Herbst 2020 begonnen, als die Pandemie schon ein halbes Jahr lief. Und so steht bis heute der Verdacht im Raum, dass der Freistaat im letzten Moment die Notbremse gezogen hat, weil er sich nicht noch einen Sauter-Deal ans Bein binden wollte.

Die CVRE berief sich im Gerichtsverfahren darauf, man habe bereits Ende 2020 mit dem Freistaat einen Vorvertrag abgeschlossen - der eine Bindungswirkung gehabt habe. Die Geschichte hat über den Sauter-Faktor und die angebliche Corona-Problematik hinaus eine noch größere Dimension, wirft sie doch auch die Frage auf, wie gut man sich auf den Freistaat als Verhandlungspartner in Immobilien-Geschäften verlassen kann.

Weil durch den kurzfristig geschlossenen Vergleich die öffentliche Erörterung des Themas vor Gericht ausblieb, bleiben viele Aspekte rund um diesen merkwürdigen Immobiliendeal offen. CVRE erklärte lediglich, man könne mit dem Vergleich "gut leben". Das Bauministerium wollte sich nicht "zu den Details des Verfahrens äußern". Dem Vernehmen nach ist die Immobiliensuche in Augsburg aber beendet, man will offenbar an einer schon bestehenden Außenstelle festhalten und dort künftig mit flexiblen Arbeitsmodellen mehr Beschäftigte unterbringen.

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