Via Internet gibt es nicht die kleinste Beeinträchtigung, der Goldene Saal im Augsburger Rathaus ist täglich rund um die Uhr zu besichtigen. Die Stadt bietet einen 3D-Rundgang an, quer durch alle Stockwerke, mit Hinweisen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten: Man lernt etwa, dass die Decke des Goldenen Saals früher mit 27 Ketten am hölzernen Dachstuhl aufgehängt war. Heute ist die Kassettendecke an einer massiven Stahlsteindecke befestigt.
Wer dagegen eine der beliebtesten Touristenattraktionen in Augsburg leibhaftig besuchen möchte, kann das nur noch im Juli – da sogar ausnahmsweise kostenfrei – und dann für zwei Jahre nicht mehr: Augsburg muss sein Rathaus sanieren, teils wegen Brandschutz, teils, weil es mit Asbest belastet ist. Der Goldene Saal ist zwar nicht direkt betroffen, damit die Sanierung aber einigermaßen rasch vonstattengeht, wird gleich alles dicht gemacht. Besucher müssen bis 2026 knapp zwei Jahre draußen bleiben – mit Ausnahme des Vorraums, eines sogenannten Europabüros, sowie des Ratskellers.
„Wir müssen die Schadstoffe beseitigen, bevor sie zur Gefahr werden. Das ist unsere Pflicht“, sagt Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). „Diese Aufgabe gehen wir zugegeben mit etwas Wehmut an.“ Denn auf das Gebäude und den Goldenen Saal lassen die Augsburger nichts kommen, sie sparen hier nicht mit Superlativen. „Das Augsburger Rathaus gilt als einer der bedeutendsten Profanbauten der Renaissance nördlich der Alpen und gehört zu den eindrucksvollsten Rathäusern Deutschlands“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. „552 Quadratmeter purer Stolz“ ist ein Infoflyer über den Festsaal überschrieben. Gemeinsam mit dem Perlachturm nebenan gilt das Rathaus als Wahrzeichen Augsburgs. Dumm nur, dass der Perlachturm ebenfalls geschlossen ist. Hier soll die Sanierung nächstes Jahr starten.
Im Rathaus müssen neben zwei sogenannten Fürstenzimmern und einem Sitzungssaal der Obere Fletz saniert werden, in dem sich allmonatlich der Stadtrat trifft. Beschlossen wurde die Sanierung bereits 2019, die Arbeiten verschoben sich dann aber wegen der Corona-Pandemie. Die Stadt ließ immer wieder die Luft auf Schadstoffe prüfen, ohne dass es je Probleme gab. Damit der Asbest bei der Sanierung keinen Schaden anrichtet, wird laut Stadt in den belasteten Arealen ein Schwarzbereich eingerichtet und mit Unterdruck versehen. Fachpersonal gelangt nur durch eine Schleuse hinein.
Der Stadtrat muss umziehen
Die Fraktionen müssen umziehen, der Stadtrat und seine Ausschüsse tagen nicht mehr im Zentrum. 253 Empfänge und Veranstaltungen hat das Rathaus vergangenes Jahr beherbergt, Hochzeiten müssen vorerst woanders stattfinden. Und auch das Augsburger Klimacamp, aufgebaut direkt neben dem Gebäude, benötigt bald eine andere Spielfläche. Am meisten trifft Augsburg jedoch, dass der Goldene Saal vorerst keine Touristen mehr anzieht.
Allein im Jahr 2023 waren es 125 000 Besucherinnen und Besucher im Goldenen Saal, der nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg auf einen Stadtratsbeschluss von 1978 hin originalgetreu rekonstruiert wurde: 32,5 Meter lang, 17,5 Meter breit und 14 Meter hoch, ist der 1985 wiedereröffnete Festsaal mit 2,6 Kilogramm Blattgold ausgeschmückt. Jahrhundertelang war der Saal das Schmuckstück des nach Plänen von Elias Holl zwischen 1615 und 1620 erbauten Rathauses, das auch ansonsten Superlative bereithielt: Mit seinen 57 Metern Höhe war es bis 1917 das höchste Gebäude Deutschlands.
Es gelte nun, die notwendigen Arbeiten zu erledigen und das Rathaus „fit für die Zukunft“ zu machen, sagt Oberbürgermeisterin Weber. Die Sanierung ist bis zum Frühjahr 2026 geplant. Der Stadtrat hat sechs Millionen Euro bereitgestellt.