Straßennamen in Schwaben:Augsburg bekommt ein Puppenkisten-Viertel

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In Augsburg gibt es künftig ein Puppenkistenviertel. (Foto: dpa)

Die Stadt benennt die Straßen eines neuen Wohngebiets nach Figuren des berühmten Marionettentheaters - und erwirbt sich damit einen Verdienst.

Kolumne von Florian Fuchs

Frau Waas hat bereits mit dem Makler geredet, doch sie ist unzufrieden: Ihr Traumhaus mit großem Kinderzimmer wird in der Urmelstraße gebaut. Frau Waas möchte umziehen, sie hätte sich als künftige Adresse aber die Lummerlandstraße oder die Jim-Knopf-Straße gewünscht. Vielleicht nimmt sie deshalb doch lieber das Reiheneckhaus im Emmaweg, dort sollte es sowieso ruhiger sein als in den Erschließungsstraßen des neuen Wohnviertels.

Insgesamt ist sie aber nun unentschlossen, auch wegen der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr: In den Augsburger Stadtteil Lechhausen führt die Linie 37, das ist aber nur ein Bus. Die Tram wäre Frau Waas lieber, wenn schon die Bahn keine Gleise für Lokomotiven weg vom Hauptbahnhof verlegt. Also doch auf Lummerland bleiben? Für Jim wäre der Umzug eine ziemliche Umstellung. Aber halt schon auch ein Abenteuer.

In Augsburg entsteht ein Puppenkistenviertel, drei Straßen und sieben Wohnwege erhalten Namen aus den Geschichten des schwäbischen Marionettentheaters. Wie aus dem Rathaus zu erfahren ist, ist die Haussuche von Jim Knopfs Pflegemutter Waas im neuen Quartier allerdings nicht ganz so ernst gemeint. Der Markt steht allen Interessenten offen, und wer möchte nicht mal bei der Post stehen und als Absenderadresse "Apfelsternweg 7" angeben? Oder Lummerlandstraße 13. Ob es dort auch eine Hausnummer Viertel-vor-Zwölf geben wird, ist bislang nicht geklärt. Dafür weiß das örtliche Geodatenamt sicher: "Seit Jahrzehnten spielt die Augsburger Puppenkiste bundesweit eine große Rolle als Sympathieträger für die Stadt Augsburg."

Insofern ist es nur logisch, dass der Stadtrat neben dem "Rose-Oehmichen-Weg" und dem "Walter-Oehmichen-Weg" - den Gründern des Theaters -, weiteren Puppenkisten-Straßennamen zugestimmt hat. Eine Rotkäppchenstraße gibt es in anderen Städten ja auch. Augsburg hat sich mit dem Beschluss außerdem ein besonderes Verdienst erworben: Laut dem Verein "Initiative Schwarze Menschen in Deutschland", so berichtete es das "Zeit-Magazin" kürzlich, sind bundesweit von etwa 450 000 Straßen bloß zwei nach Afrodeutschen benannt: Da kann die Jim-Knopf-Straße durchaus als Versuch gelten gegenzusteuern.

© SZ vom 27.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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