Prozess in Augsburg:Elektriker soll Arbeitskollegen mit Hantelgewicht niedergeschlagen und getötet haben

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Der angeklagte Elektriker muss sich wegen Mordes vor Gericht verantworten. (Foto: dpa)

Vor Gericht lässt der Angeklagte die Tat von seinem Anwalt einräumen. Er soll sein Opfer nach einem Streit umgebracht haben, unter anderem mit einem Schnitt durch den Hals.

Von Florian Fuchs

Die Verständigung ist etwas mühsam in diesem Prozess: Der Angeklagte ist Pole, die wichtigsten Zeugen sind Polen. Und so liegt am Donnerstag im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Augsburg beständig das Murmeln der Dolmetscherin im Raum, die für Krzysztof W. übersetzt. Sie übersetzt leise, als die Staatsanwältin ihm vorwirft, dass er Mateusz W. mit einer Hantelscheibe mehrfach von hinten gegen den Kopf geschlagen haben soll. Sie übersetzt ihm, dass er dann ein Fleischmesser genommen und seinem Arbeitskollegen mehrfach in den Bauch gestochen haben soll. Und sie übersetzt ihm, dass er der Anklage zufolge schließlich den Kopf seines Opfers fast vollständig vom Hals abgetrennt hat. Die Staatsanwältin beschuldigt den Angeklagten deshalb des Mordes. Krzysztof W. neigt sein linkes Ohr noch ein Stück näher an die Dolmetscherin, dann blickt er zu Boden.

Er kann sich, so lässt der bullige Mann mit der Brille und dem akkurat gestutzten Bart später einen seiner beiden Anwälte in einer Erklärung verlesen, selbst nicht mehr so richtig erinnern an die Nacht des 1. Februar 2019. Krzysztof W. bestreitet nicht, seinen Arbeitskollegen getötet zu haben, er zermartere sich nur selbst das Hirn, was bei der Tat vor knapp einem Jahr passiert sei. Von "Übertötung" spricht sein Verteidiger, also von sehr viel mehr Schlägen und Stichen und Gewalt, als nötig gewesen wäre, um Mateusz W. umzubringen. Sein Mandant habe sich in einer emotionalen Lage befunden, die große Frage, die es in dem Prozess zu klären gilt, ist nur: in welcher Lage? Was hat W. dazu getrieben, seinen Kollegen zu töten? Wieso gab es Streit? Dazu, gibt der 34-Jährige an, könne er nichts beitragen, er hatte viel Alkohol getrunken an diesem Abend. Und auch Arbeitskollegen, die an diesem ersten Prozesstag als Zeugen aussagen, haben auf diese Fragen erst einmal keine Antwort.

Der Angeklagte, ein Elektriker, und das Opfer arbeiteten auf dem Bau, sie waren auf einem Firmengelände in Wohncontainern untergebracht. Die beiden hatten wohl ein gutes, kollegiales Verhältnis, einige Male schon waren sie nach Dienstschluss abends beisammen gesessen. So auch an diesem Abend, sie aßen Pizza und Bratkartoffeln und tranken auch Alkohol, einige Bier, gemeinsam mehr als eine Flasche Whiskey. Zwischen 0.45 Uhr und zwei Uhr morgens kam der Angeklagte noch einmal zurück in den Wohncontainer - mit einem ein Kilo schweren Hantelgewicht. Laut Staatsanwaltschaft hat er sofort zugeschlagen. Demnach hatte Mateusz W. keine Chance, sich zu wehren, er erlitt allein durch die Schläge mit dem Gewicht zahlreiche schwere Verletzungen an Gesicht, Kopf und Gehirn. Als Krzysztof W. zum Messer mit eine Klingenlänge von 24 Zentimetern griff, muss sein Opfer bereits handlungsunfähig gewesen sein. Die Stiche in den Oberkörper verletzten unter anderem Lunge und Herz.

Die Verteidiger erklärten, dass ihr Mandant noch am Tatort der Polizei gesagt habe, dass Mateusz W. ihn beleidigt und wohl auch mit einem Messer nach ihm gestoßen, aber nicht verletzt habe. Um aufzuklären, was passiert sei, hätten sie sogar einen Arzt befragt, ob die Erinnerungen durch Hypnose zurückgeholt werden könnten. Dies aber sei nicht möglich, auch wegen des vielen Alkohols. Die Vorsitzende Richterin versuchte also, Details von den Arbeitskollegen zu erfahren. Einen Kraftfahrer hatte der blutverschmierte Angeklagte gegen zwei Uhr morgens aus dem Bett geholt. Er brauche Hilfe, er brauche Hilfe, habe der Angeklagte immer wieder gesagt, berichtete der Zeuge. Und er habe, so erläutern es andere Zeugen, wohl auch gesagt, dass er Hilfe brauche, um die Leiche wegzuschaffen. Die Arbeitskollegen verständigten die Polizei, der damals 33-Jährige wurde festgenommen.

Die Suche nach dem Motiv wird das Gericht noch vier weitere Verhandlungstage beschäftigen, Sachverständige sollen aussagen. Bereits am Donnerstag ging es immer wieder um die Frage, wie viel Alkohol der Angeklagte getrunken hatte und ob er nach der Tat, als er seine Kollegen verständigte, betrunken oder doch eher nüchtern wirkte - oder ob er sogar Drogen genommen hatte. Seine Kollegen beschreiben den 34-Jährigen als einen Mann, der betrunken zumindest laut wird, wenn nicht sogar gereizt oder aggressiv. Er soll oft getrunken haben, immer nach Dienstschluss. In Polen ist der Angeklagte verheiratet, er hat auch Kinder. Das Urteil will die achte Strafkammer Anfang Februar verkünden.

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