Süddeutsche Zeitung

Prozess in Augsburg:Drogentod im Kinderzimmer

Ein 15-Jähriger übernachtet bei seinem 16 Jahre alten Freund. Am nächsten Morgen werden sie leblos gefunden. Der Dealer, der ihnen die Drogen verkauft haben soll, ist schnell gefasst - und steht nun in Augsburg vor Gericht.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Er hat eine lange Drogenkarriere hinter sich und keine Nasenscheidewand mehr, weil er so viel Kokain geschnupft hat. Nun soll der 34-Jährige Mitschuld tragen am Tod zweier Jugendlicher, weil er ihnen Drogen verkauft hatte. Laut Stand der Ermittlungen hatten die beiden 15 und 16 Jahre alten Jungen Ecstasy konsumiert, bevor sie von den Eltern des 16-Jährigen morgens tot im Kinderzimmer gefunden wurden. Der Angeklagte schwieg beim Prozessauftakt am Mittwoch auf Anraten seines Anwalts.

Der Fall im schwäbischen Nordendorf hatte im vergangenen Juni große Betroffenheit ausgelöst. Der Jüngere hatte bei seinem älteren Freund übernachtet, um sieben Uhr morgens wurden beide leblos aufgefunden. Sofort alarmierte Sanitäter konnten den Jungen nicht mehr helfen, sie waren offenbar im Lauf der Nacht gestorben.

Die Ermittler waren schnell auf den Angeklagten gestoßen, unter anderem in Chatnachrichten auf dem Handy des 16-Jährigen. Der Mann arbeitete im selben Betrieb wie der Auszubildende und hatte ihn laut Anklage nicht zum ersten Mal mit Drogen versorgt. Bei einer Kontrolle in einem Hinterhof nahmen Polizisten den damals 33-Jährigen fest, anschließend durchsuchten sie seine Wohnung.

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last - und den Verkauf der Drogen an Minderjährige. Wie der 34-Jährige vor Gericht erzählte, war er ebenfalls als Jugendlicher in seiner Heimat im Schwarzwald das erste Mal mit Alkohol und Drogen in Berührung gekommen. Als er 18 war, kamen Amphetamine und Kokain ins Spiel. Letzteres konsumierte er immer dann, wenn er Geld hatte.

Sein Schuldenstand beläuft sich heute auf 15 000 bis 20 000 Euro, er ist mehrfach vorbestraft wegen Körperverletzungs-Delikten. Marihuana und Valium nahm er, um wieder runterzukommen. In seinen Hochphasen habe er fast täglich das Verlangen nach Drogen gespürt, sagte er vor Gericht. Ab und an habe er zwei Tage nichts genommen: Etwa dann, wenn er zuvor vier Tage lang im Rausch nicht geschlafen hatte. Das Gericht hat vier Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte Ende nächster Woche fallen.

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SZ vom 04.03.2021/infu
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