Süddeutsche Zeitung

Augsburg/München:Lehrerverband: Schule macht krank

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Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) fordert in einem sogenannten "Augsburger Manifest" mehr Personal und Zeit, um den Unterricht sicherzustellen und sinnvoller zu gestalten. " Das Fehlen von Zeit, Vertiefung, Reflexion im Schulalltag ist eines der größten Probleme, die Schule hat", sagte die neugewählte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann zum Abschluss der zweitägigen Landesdelegiertenversammlung. In Augsburg beschlossen 550 Delegierte am Samstag ein Manifest unter dem Titel "Zeit für Bildung. Aufbrechen: Die Schule neu denken"

Darin heißt es, die Politik solle die Unterrichtsversorgung sicherstellen, Zeitressourcen zur Verfügung stellen, die Schulleitungen stärken, die Lernzeit neu strukturieren und das Arbeitsschutzgesetz ernst nehmen. Simone Fleischmann fordert eine Entschleunigung der Schule: "Schüler und Lehrer stehen unter hohem Zeitdruck." Sie wies auf die hohe Zahl ausgebrannter und überforderter Lehrkräfte hin. "Sie sind Ausdruck eines Arbeitsumfeldes, das krank macht. Und sie sind Ausdruck schlechter Arbeitsbedingungen." Auch die Schüler litten unter dem hohen Tempo: "Viele Kinder reagieren auf den Stress mit Verhaltensauffälligkeiten oder sie erkranken."

Die Schulwoche sei "strikt geplant und durchorganisiert", sagt Fleischmann. Auch im Unterricht gehe alles sehr schnell. "Viel Stoff muss in kurzer Zeit gelernt und auch ebenso schnell wieder abgefragt und benotet werden." Lernen und Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen, guter Unterricht und wirksames Lernen erforderten aber Zeit, um Schule zu einem Ort der Begegnung, Vertiefung und des Miteinanders zu machen, betont die 44-jährige Pädagogin, die bisher die Grund- und Mittelschule in Poing bei München leitete. Fleischmann, die viele Jahre auch als Schulpsychologin tätig war, fordert die Staatsregierung und das Kultusministerium auf, sich mit dem Thema "Umgang mit Zeit an Schulen" zu befassen und Schritte zur Entschleunigung einzuleiten.

Simone Fleischmann war am Freitag als erste Frau an die Spitze des Lehrerverbandes mit rund 60 000 Mitgliedern gewählt worden. Ihr Vorgänger Klaus Wenzel (65) wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt, er stand nach acht Amtsjahren für eine Wiederwahl nicht zur Verfügung.

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SZ vom 18.05.2015 / epd/SZ
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