Krise:Bayerische Städte lockern Energiesparmaßnahmen

Krise: Ein Kurgast steht unter einem Wasserfall in einem Außenbecken der Europatherme in Bad Füssing - hier ist inzwischen auch wieder ein Saunagang möglich, was viele Gäste anlockt.

Ein Kurgast steht unter einem Wasserfall in einem Außenbecken der Europatherme in Bad Füssing - hier ist inzwischen auch wieder ein Saunagang möglich, was viele Gäste anlockt.

(Foto: Armin Weigel/picture alliance)

Viele Kommunen verzichteten auf Licht und Wärme, um Strom zu sparen. Nun ziehen die Verantwortlichen Bilanz - und heizen die Hallenbäder auf. Viele Orte wollen sich wieder mehr leisten.

Von Florian Fuchs, Lisa Schnell und Max Weinhold

Das Hallenbad in Memmingen hat seit September die Temperatur in seinen Becken um zwei Grad kälter gehalten als in den Vorjahren. Es war ein Beitrag der Stadt zur Bekämpfung der Energiekrise, zu einem Zeitpunkt, als nicht sicher war, wie weit die Vorräte an Gas in Deutschland in diesem Winter reichen werden. Doch nun macht sich Memmingen wieder etwas lockerer: Das Lehrschwimmbecken wird wieder auf die gewohnten 30 Grad aufgeheizt, das Schwimmerbecken auf 28. Unter anderem Wasserwacht und Sportvereine hatten berichtet, dass Kinder bei Schwimmkursen stark frieren oder Eltern sie wegen des kalten Wassers gar nicht erst anmelden. "Schon in den Pandemiejahren konnten keine oder sehr wenige Schwimmkurse stattfinden. Es ist jetzt elementar wichtig, dass Kinder die Möglichkeit erhalten, schwimmen zu lernen", sagt Oberbürgermeister Manfred Schilder.

Inzwischen ist klar, dass Bayern ohne größere Verwerfungen warm und mit geregelter Stromversorgung ins Frühjahr steuert. Insofern lockert nicht nur Memmingen seine im vergangenen Jahr aufgelegten Energiesparmaßnahmen. Landauf, landab öffnen wieder öffentliche Saunen, die Hallenbäder heizen auf - nur die Beleuchtung von Außenfassaden bleibt abends bis auf weiteres dunkel. "Die Pflichtaufgabe ist bestanden, jetzt können wir unseren Fokus auf die richten, denen die Einschränkungen am meisten zu schaffen machten: auf Kinder und Jugendliche, auf unsere Seniorinnen und Senioren", sagt Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber und kündigt an, dass auch in Bayerns drittgrößter Stadt wieder die Hallenbäder wärmer werden und die Sauna im Alten Stadtbad öffnet.

Augsburg startete im Juni 2022 als eine der ersten Städte deutschlandweit damit, etwa die Beleuchtung historischer Gebäude auszuschalten. Insgesamt rund sieben Prozent Strom und 14 Prozent Wärme sparte die Stadt bis Dezember damit im Vergleich zum Vorjahr. Zu den Maßnahmen gehörten auch Vorgaben zum Heizen für städtische Büros sowie verbesserte Einstellungen an Heizungsanlagen öffentlicher Gebäude. Alleine die Wassertemperaturen abzusenken und die Sauna zu schließen sparte in Augsburg etwa 570 000 Kilowattstunden Energie und 3 750 000 Liter Wasser ein - das entspricht dem Jahresverbrauch von rund 230 Durchschnittshaushalten. "Niemand wusste, was uns diesen Winter erwartet, deswegen war es wichtig, dass wir uns so gut wie möglich vorbereiten", sagt Weber. Die Maßnahmen seien teilweise hart gewesen, hätten aber Wirkung gezeigt.

In Nürnberg hielten die Energiesparmaßnahmen kaum Gäste vom Besuch in den vier städtischen Hallenbädern ab. "Das wird von der Kundschaft akzeptiert, wir haben keine großen Klagen erlebt", sagt Geschäftsleiter Matthias Bach. Um jeweils gut zwei Grad haben sie hier im September Luft- und Wassertemperatur abgesenkt. "Die Senkungen haben sich als sehr wirksam erwiesen", erklärt Bach. So konnten die vier Hallenbäder insgesamt etwa 25 Prozent ihres üblichen Energieverbrauchs einsparen.

Mancherorts blieben die Gäste aus

Bach weist darauf hin, dass zu den Einsparungen besonders auch die Schließung der sogenannten Ganzjahresbecken beigetragen habe. Diese Becken verbinden den Hallen- mit dem Außenbereich und sind normalerweise auch im Winter nutzbar. Wegen der hohen Einsparung und Akzeptanz wolle man bis auf Weiteres nichts verändern. Was nicht für die Saunen gilt: Ihre Schließung brachte laut Bach vergleichsweise wenig. Mindestens eine Kabine sei dauerhaft geschlossen gewesen und das, so die Erkenntnis, wenig effizient. Daher öffnen am Wochenende sämtliche Saunen in den Hallenbädern wieder.

Ebenso heiß ist es seit dem 1. Februar in den Saunen der Thermalbäder in Niederbayern. Nach mehr als einem halben Jahr im Krisenmodus steht den Gästen der Thermen in Bad Füssing, Bad Gögging, Bad Abbach, Bad Griesbach und der Rottal Therme wieder das volle Programm zur Verfügung. Das könne man gar nicht oft genug betonen, sagt Ulrike Eberl-Walter vom Tourismusverband Ostbayern. Viele Gäste nämlich hätten sich gegen einen Besuch in der Therme entschieden, weil unsicher gewesen sei, ob die Sauna nun offen hat oder nicht. Die Wellnesshotels im Bayerischen Wald dagegen waren von der Energiekrise nicht so sehr betroffen, da die meisten von ihnen mit Holz heizen.

Es gibt aber auch Städte, die weiterhin an den über den Winter eingeübten Energiesparmaßnahmen festhalten - Regensburg etwa. In öffentlichen Büros und in weiterführenden Schulen hat es dort deshalb nur neunzehn Grad, die Wassertemperatur in den städtischen Bädern bleibt abgesenkt. Die Beleuchtung in Parkhäusern und Tiefgaragen konnte laut einer Sprecherin der Stadt um fünfzig Prozent reduziert werden, zahlreiche öffentliche Gebäude, Brücken und Denkmäler bleiben in der Nacht dunkel, auch der Regensburger Dom. Nur zu Weihnachten wurde das Westportal angestrahlt. Wie lange noch? Die Maßnahmen gelten "ohne zeitliche Begrenzung", teilt die Sprecherin mit. Eine Analyse, wie viel Energie eingespart wurde, gebe es erst im Laufe des ersten Halbjahres 2023.

Im Sommer wird klar werden, ob es erneut Einschränkungen gibt

Augsburg teilt mit, dass die Stadt alleine durch den Verzicht auf die Beleuchtungen von historischen Fassaden und Baudenkmälern im Vergleich zum Vorjahr 34 Prozent weniger Strom verbraucht hat. Dass sich auch in Nürnberg bei der Beleuchtung von Stadtwahrzeichen wie der Burg oder dem Albrecht-Dürer-Denkmal nichts ändert, liege an einer Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung der Bundesregierung aus dem September, heißt es aus dem Amt für Kommunikation und Stadtmarketing. Die Verordnung gilt vorerst bis zum 28. Februar. Stimmt der Bundesrat einem Beschluss des Kabinetts zu, wird sie bis Mitte April verlängert. "Da die Anleuchtung von Denkmälern nach dieser Verordnung untersagt ist, kann eine Inbetriebnahme frühestens mit ihrem Ablauf erfolgen", so das Amt. Zurzeit gebe es insofern noch keine Pläne zur Wiederinbetriebnahme.

Die bayerischen Städte haben es damit allerdings auch nicht eilig. Aus Memmingen etwa heißt es, dass es nach wie vor wichtig sei, Energie einzusparen. Daher verzichtet das städtische Hallenbad auch in Zukunft auf den sehr energieintensiven Warmbadetag, an dem das Schwimmerbecken in vergangenen Jahren für einen Tag in der Woche auf 30°C hochgeheizt wurde. Auch alle anderen Energiesparmaßnahmen der Stadt blieben bestehen, teilt Oberbürgermeister Schilder mit. Ein bisschen schielen die Kommunen nämlich bereits auf den nächsten Winter. Das Augsburger Rathaus kündigt an, im Sommer aufgrund weiterer Evaluierungen zu überprüfen, ob die dann aktuelle Versorgungslage auf dem Gas- und Strommarkt erneut Sparmaßnahmen für den Winter 2023/2024 erforderlich macht - und die Saunen vielleicht erneut schließen müssen.

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