Augsburg:Kritik an Polizei nach Neonazi-Aufmarsch

Der Aufmarsch von etwa 100 Neonazis in Augsburg hat ein politisches Nachspiel. Zu rabiat seien die Beamten gegen Gegendemonstranten vorgegangen, kritisiert die SPD.

Mike Szymanski

Der Aufmarsch von etwa 100 Neonazis am 3. November in Augsburg hat ein politisches Nachspiel. Führende Vertreter des regierenden Rathausbündnisses unter SPD-Oberbürgermeister Paul Wengert haben der Polizei schwere Vorwürfe gemacht.

Augsburg: 100 Neonazis waren Anfang November in Augsburg aufmarschiert. 650 Polizisten waren im Einsatz (Archivbild)

100 Neonazis waren Anfang November in Augsburg aufmarschiert. 650 Polizisten waren im Einsatz (Archivbild)

(Foto: Foto: ddp)

Karl-Heinz Schneider, Fraktionschef der SPD, kritisierte den Polizeieinsatz als "völlig unverhältnismäßig". Er warf Augsburgs Polizeichef Walter Böhm vor, das Demonstrationsrecht zum Vorteil der Neonazis zu "überreizen". Am Tag der Demo waren Schneiders Angaben zufolge etwa 650 Polizisten im Einsatz, um den Aufmarsch zu begleiten. "Eine solche Polizeipräsenz ist eine Einladung an Rechte, nach Augsburg zu kommen", sagte der SPD-Politiker.

Stundenlang kreiste ein Hubschrauber über dem Stadtzentrum. Das öffentliche Leben kam in einzelnen Straßenzügen völlig zum Erliegen. "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn 100 Leute für sechs Stunden eine Stadt lahmlegen", sagte Schneider.

Die Polizei hätte den Aufmarsch früher auflösen müssen. Schneider kündigte künftig ein konsequenteres Vorgehen der Stadt gegen Neonazi-Umtriebe an. Dieter Ferdinand, Fraktionschef der Grünen, warf den Beamten vor, "zu rabiat" gegen Teilnehmer von Gegenkundgebungen vorgegangen zu sein. 300 Männer und Frauen, zum großen Teil Anhänger der linken Szene, aber auch eine "Kehrtruppe" der Grünen hatten sich den Neonazis in den Weg gestellt.

Polizeichef Walter Böhm wies die Kritik am Dienstag umgehend zurück: "Der Einsatz in dieser Größenordnung war notwendig. Wir haben verhindert, dass es zu Zusammenstößen der Neonazis mit Leuten aus dem linken Lager kam." Mehr als 30 Demonstranten hätten festgenommen werden müssen.

Böhm sagte weiter, die Strategie sei mit dem Ordnungsreferat der Stadt abgestimmt gewesen. Für einen vorzeitigen Abbruch habe es keinen Grund gegeben.

Der Schlagabtausch zwischen Politik und Polizei markiert einen neuen Höhepunkt in der Diskussion um den richtigen Umgang mit Neonazi-Aufmärschen. Seit etwa einem Jahr suchen rechte Gruppen die Stadt heim. Ende Februar wollen erneut Neonazis in Augsburg marschieren.

"Bedrückend" nennt SPD-Fraktionschef Schneider diese Treffen. Bei der Demo am 3. November hatte das ,,Augsburger Bündnis für Menschenwürde'' unter Leitung des SPD-Abgeordneten Heinz Paula entschieden, auf Gegenkundgebungen zu verzichten. Man habe die rechte Demo nicht "aufwerten" wollen. Vertreter von Kirchen und Gewerkschaften beklagten hinterher, die Bürger seien mit ihrer Wut allein geblieben.

(SZ vom 14.11.2007)

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