Augsburger Klimaprotest:Zelten in der Stadt

Augsburger Klimaprotest: Das Augsburger Klimacamp auf einer Aufnahme aus dem März. Immer wieder geraten die Demonstranten mit der Stadtspitze aneinander.

Das Augsburger Klimacamp auf einer Aufnahme aus dem März. Immer wieder geraten die Demonstranten mit der Stadtspitze aneinander.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Das Klimacamp in Augsburg steht seit eineinhalb Jahren für die Kritik an einer schleppenden Umweltpolitik. Die Stadt wollte diese Protestform früh verbieten - worüber nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof urteilen muss.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Das Augsburger Klimacamp hat seine Bretter und Zelte zurzeit am Moritzplatz aufgestellt, der angestammte Ort direkt neben dem Rathaus ist wegen einer Baustelle gesperrt. Das ist einerseits ganz praktisch, gerade im Winter, weil es am Moritzplatz, so hat es der eine oder andere Demonstrant kundgetan, weniger zugig ist als neben dem Augsburger Rathaus. Andererseits wollen die jungen, vorwiegend der Bewegung "Fridays for Future" angehörenden Demonstranten aber so schnell wie möglich zurück an den Ort, den sie seit dem 1. Juli 2020 besetzen: neben das Rathaus, direkt vor die Augen der örtlichen Kommunalpolitiker und der Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU).

Denn darum geht es den Demonstranten ja mit ihrem nun eineinhalb Jahre dauernden Klimacamp: um einen Protest gegen eine ihrer Ansicht nach bei Weitem zu schleppend geführte Klimapolitik. Das Augsburger Rathaus dagegen wehrte sich schon früh gegen die Protestform und war der Ansicht, dass eine solch dauerhafte Veranstaltung nicht vom Versammlungsrecht gedeckt ist - dementsprechend wollte die Stadt das Camp am 10. Juli 2020 räumen lassen. Dagegen haben sich die Protestler erfolgreich gewehrt, in der Berufung muss nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entscheiden, ob der erstinstanzliche Richterspruch Bestand hat. Zumindest politisch kommt dem Urteil, das am Montagnachmittag noch nicht gesprochen war, über Augsburg hinausweisende Bedeutung zu: Dürfen solche Protestcamps, die es zum Beispiel auch in Nürnberg und vielen anderen Städten gibt, dauerhaft bestehen?

Dabei machte der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung am Montag deutlich, dass der Senat juristisch betrachtet eben gerade nicht feststellen kann, ob das Klimacamp dauerhaft bestehen darf. In der Verhandlung gehe es nur um die Rechtmäßigkeit des sogenannten negativen Feststellungsbescheids, mit dem das Camp geräumt werden sollte - und damit um den Protest während des Zeitraums vom 1. bis zum 10. Juli. Oberbürgermeisterin Eva Weber allerdings hat immer wieder betont, dass die Stadt mit der Berufung klären lassen wolle, inwieweit ihre Verwaltung eine solche Protestform zu dulden habe. Auch vor dem Hintergrund, dass andere Gruppierungen mit anderen politischen Absichten auf die gleiche Idee kommen könnten. Sie meint damit unter anderem Rechtsradikale. Insofern dürften Augsburg und auch andere Städte durchaus künftige Räumungsabsichten von diesem Urteil abhängig machen.

Mit den Protesten wolle man auf die "öffentliche Meinungsbildung" einwirken

Das Verwaltungsgericht hatte im erstinstanzlichen Urteil festgestellt, dass das Camp eine Versammlung im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes und dass es auf öffentliche Meinungsbildung gerichtet sei. Es gebe deshalb explizit keine zeitliche Höchstgrenze, nach der die Aktivisten ihre Zelte wieder abbauen müssten. Allerdings kontrolliert die Stadt seither streng, dass das Camp auch tatsächlich dauerhaft besetzt sei. Die Aktivsten bemühen sich, weiterhin durch ihre Proteste auf die "öffentliche Meinungsbildung" einzuwirken.

Für das Augsburger Rathaus ist das auch deshalb keine schöne Situation, weil die Stadtregierungskoalition aus CSU und Grünen uneins ist, wie man mit dem Protest umgehen soll: Die erste Klage hatten die Grünen noch mitgetragen, vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wollten sie nun nicht mitziehen. Und auch Oberbürgermeisterin Weber tut sich nicht ganz leicht mit der Argumentation, warum die Stadt in die nächste Instanz gegangen ist. Klimaschutz hat sie auch ihrem politischen Programm auf die Fahne geschrieben. Die Bedeutung dieses Themas wolle niemand bestreiten, sagt sie. Deshalb der Verweis auf andere Gruppierungen, die in solchen Dauercamps gesellschaftlich geächtete Parolen unters Volk bringen könnten.

Im Kern ging es nun am Montag auch vor dem Verwaltungsgerichtshof um die Frage, ob man dem Klimacamp attestieren kann, mit seinen Plakaten und Aktionen auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken - und es so eine vom Versammlungsrecht geschützte Versammlung sei, die nicht geräumt werden darf. Der Richter fragte also ab, ob dauerhaft mindestens zwei Personen am Camp weilten, was nach anfänglichem Zögern auch die Vertreter der Stadt zugaben. Es ging um die Parolen auf Bannern, etwa: "Wir campen, bis ihr handelt." Und auch einzelne Workshops und andere Aktivitäten fragte der Vorsitzende Richter Tag für Tag ab, um zu eruieren, inwieweit die Aktivisten es ernst gemeint haben mit ihrer politischen Meinungsbildung: Der Vertreter der Aktivisten, Ingo Blechschmidt, zählte Kreidemalworkshops und Trommelworkshops auf, um zu beweisen, dass es sich beim Klimacamp durchaus um eine Versammlung handelt. Ein Urteil ist innerhalb der nächsten zwei Wochen zu erwarten - und damit wohl auch ein Hinweis darauf, ob die Stadt erneut versuchen wird, das Camp zu räumen.

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