Augsburger Klimacamp:"So funktioniert unsere Demokratie nicht"

Augsburger Klimacamp: Auf dem Moritzplatz steht eine Spendensammelschachtel für das Klimacamp im Hintergrund. Seit Juli 2020 campieren Aktivisten in der Innenstadt, um sich für eine andere Klimapolitik zu engagieren.

Auf dem Moritzplatz steht eine Spendensammelschachtel für das Klimacamp im Hintergrund. Seit Juli 2020 campieren Aktivisten in der Innenstadt, um sich für eine andere Klimapolitik zu engagieren.

(Foto: Stefan Puchner/picture alliance/dpa)

Die Stadt erkennt das Gerichtsurteil an, wonach die Protestform rechtens ist. Dennoch geht der Streit weiter: Oberbürgermeisterin Weber wirft den Aktivisten fehlende Kompromissbereitschaft vor und kündigt strengere Auflagen an.

Von Florian Fuchs

Das Klimacamp in Augsburg darf weiter bestehen: Dieses Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs fiel bereits Anfang März, nach der Urteilsbegründung hat nun die Stadt Augsburg bestätigt, nicht in Revision gehen zu wollen.

Der Streit ist damit allerdings nicht beigelegt: In einer Stellungnahme wirft Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) den Demonstrantinnen vor, nicht am demokratischen Prozess interessiert zu sein und die Lebensrealität der meisten Augsburger nicht zu berücksichtigen.

"Das offenbart Weber als schlechte Verliererin", erwidern die Klimacamper - und erklären, von der Stadt angedrohte schärfere Auflagen wiederum gerichtlich überprüfen zu lassen, falls sie sich dadurch in ihrer Versammlungsfreiheit eingeschränkt fühlen.

Das Klimacamp besteht seit knapp zwei Jahren, die überwiegend jungen Aktivisten demonstrieren für mehr Klimagerechtigkeit. Das ist in Augsburg nicht unumstritten, vor allem einem Teil der örtlichen CSU geht die dauerhafte Form des Protests und das Erscheinungsbild des Camps mit Zelten und Plakaten an prominentem Platz in der Innenstadt zu weit.

Die Stadtverwaltung hatte im Sommer 2020 versucht, das Camp zu räumen, unter anderem mit dem Argument, dass die Protestform einen Versammlungscharakter vermissen ließe. Der Bundesgerichtshof stellte den Stadtjuristen in der Urteilsbegründung nun das wenig schmeichelhafte Zeugnis aus, dass ihr entsprechender Bescheid damals "massiv defizitär" gewesen sei.

Allerdings wollten die Richter kein Grundsatzurteil zur Rechtmäßigkeit von Protestcamps fällen, sondern nur die Anfangszeit des Camps beleuchten, was die Stadt Augsburg ausdrücklich bedauert. Auch andere Städte wie etwa Nürnberg, in denen es Klimacamps gibt, beobachteten das Verfahren interessiert. Nach Auffassung der Stadt besteht nach der Urteilsbegründung jedoch kein Zweifel, dass auch ein neuerlicher Räumungsbescheid keinen Bestand vor Gericht hätte - insofern strebt die Verwaltung keine Revision an.

Oberbürgermeisterin Weber greift die Aktivistinnen allerdings rhetorisch scharf an. Das Thema Klimaschutz habe im schwarz-grünen Koalitionsvertrag einen "prominenten Platz". Allerdings sei es ihre Aufgabe als Oberbürgermeisterin, "für alle Menschen in Augsburg verträgliche Lösungen zu gestalten".

Interessensausgleich und Kompromiss seien allerdings offenbar keine Stärken der Klimacamper. Die Aktivisten sollten aufhören, nach dem Motto vorzugehen: "Wir bleiben hier, bis ihr macht, was wir wollen. So funktioniert unsere Demokratie nicht." Stattdessen sollten die Klimacamper in Gremien mitarbeiten, begrenzte kommunale Zuständigkeiten anerkennen und "ihre Komfortzone" verlassen.

"Tun wir alles", antworten die Aktivisten. "Wir lassen uns überraschen, was nun kommt", sagt Sprecher Ingo Blechschmidt und meint vor allem die strengeren Auflagen, die auch das Gericht ins Spiel gebracht hat. Wenn die Stadt etwa das Klimacamp an einen wenig prominenten Ort mit wenig Passanten versetzen will, kündigt Blechschmidt schon einmal Widerstand an. "Sinnvolle Auflagen zum Brandschutz wären ja kein Problem. Aber wenn sie uns auf einen Ort festsetzen wollen, der keine Öffentlichkeit hat, werden wir sofort klagen."

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