Gefängnisskandal:Strafverteidiger fordern besseren Schutz von Häftlingen

Lesezeit: 1 Min.

Die Juristen schreiben in ihrem Brief an Georg Eisenreich (CSU), sein Haus habe zu spät und nicht entschieden genug auf die gravierenden Vorwürfe reagiert. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Misshandlungsvorwürfe in der JVA Gablingen schlagen weiter Wellen. Nun wendet sich eine Anwaltsinitiative an Minister Eisenreich – mit Forderungen und scharfer Kritik.

Nach Bekanntwerden von Misshandlungsvorwürfen im Gefängnis Augsburg-Gablingen fordern bayerische Strafverteidiger einen besseren Schutz von Häftlingen. „Gefangene haben in diesem Land keine wirksame Lobby. Das muss sich wieder ändern“, fordert die Initiative Bayerische Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger in einem offenen Brief an Justizminister Georg Eisenreich (CSU), über den zunächst die Augsburger Allgemeine berichtet hatte. „Die Macht, die die Vollzugsbediensteten in einer Justizvollzugsanstalt über das tägliche Leben der Gefangenen haben, kennt keine Grenzen“, heißt es in dem Schreiben.

Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt derzeit gegen zehn mittlerweile vorläufig suspendierte Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt, darunter auch die frühere stellvertretende Leiterin. Sie stehen im Verdacht, Häftlinge in sogenannten besonders gesicherten Hafträumen misshandelt zu haben. Es stehen auch Gewaltvorwürfe im Raum. Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.

Die Vorwürfe müssten „Anlass sein, die Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten auszuweiten und die Disziplinarpraxis der Justizvollzugsanstalten sowie die vermeintlichen „Schutzmaßnahmen“ für Gefangene auf den Prüfstand zu stellen“, schreiben die Juristen in ihrem Brief an Eisenreich, den sie dafür kritisierten, sein Haus habe zu spät und nicht entschieden genug auf die Vorwürfe reagiert. „Wir fordern, eine sinnvolle Möglichkeit anonymer Mitteilungen einzurichten, damit sich Gefangene ohne Angst vor weiteren Repressalien an das Ministerium wenden können.“

SZ PlusGefängnisskandal
:JVA Gablingen im Visier der Folterkommission

Die Vorwürfe gegen das Augsburger Gefängnis verfestigen sich. Nun äußert sich auch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, die die Haftanstalt untersucht hat. Anwälte und Opposition nehmen Justizminister Eisenreich in den Blick.

Von Florian Fuchs

Eisenreich hatte in einem Zwischenbericht in der vergangenen Woche eingeräumt, dass sein Ministerium bereits vor einem Jahr Hinweise auf die Missstände in der JVA hatte und diesen Verdacht an die Staatsanwaltschaft weiterleitete. „Auch wenn von Seiten der Staatsanwaltschaft kein Anfangsverdacht bejaht wurde, hätten bereits die ersten Beschwerden Anlass und Gelegenheit für das Ministerium gegeben, die Vorwürfe genauestens zu überprüfen und den Missständen zu begegnen“, heißt es in dem Schreiben der Initiative an Eisenreich. „Wir fordern Sie deshalb auf, uns mitzuteilen, welche konkreten Schritte Sie unternehmen werden, um künftig einen adäquaten Umgang mit derartigen Hinweisen zu gewährleisten.“

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBesonders gesicherte Hafträume
:Keine Matratze, kein Klopapier, keine Unterhose

In Extremfällen dürfen Gefängnisse Häftlingen grundlegende Dinge vorenthalten. Ein JVA-Beamter aus Bayern spricht darüber, was in besonders gesicherten Hafträumen passiert – und warum die Vorwürfe gegen die JVA Gablingen trotzdem schwer wiegen.

Von Florian Fuchs

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: