Süddeutsche Zeitung

Innovationspark Augsburg:"Wir wollen hier einen Silicon-Valley-Effekt erreichen"

Mit Hilfe des Innovationsparks will die Stadt ihr Image vom angestaubten Produktionsstandort ablegen. Am Stadtrand entstehen hochklassige Forschungseinrichtungen für Themen wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt baut hier bald die größte Turbinenprüfanlage der Welt. 48 Millionen Euro, 6000 Quadratmeter, 150 Mitarbeiter sollen dort einmal tätig sein. Die Projektentwickler der Walter AG dagegen starten mit ihrem Innovationsbogen, einem markanten, dachbegrüntem Gebäude in Form eines Halbkreises: 14 000 Quadratmeter Bürofläche, 35 Millionen Euro Baukosten. Der Innovationspark Augsburg wächst und die Stadt verbindet damit die Hoffnung, den Wirtschaftsraum in die Moderne zu führen - weg vom alten Industriestandort, in dem ein großes Unternehmen nach dem anderen zerbricht, hin zu innovativer Produktion und Forschung. "Wir wollen hier einen Silicon-Valley-Effekt erreichen", sagt Geschäftsführer Wolfgang Hehl.

Gerade strauchelt wieder Premium Aerotec, Firmen wie Osram und Fujitsu haben ihre großen Standorte in Augsburg in den vergangenen Jahren geschlossen. Die Stadt hat im europaweiten Vergleich eine ungewöhnlich hohe Dichte an Arbeitsplätzen in der Produktion. Der Innovationspark soll gegensteuern, immer mehr Forschungseinrichtungen und Start-ups siedeln sich an am Stadtrand, in direkter Nähe zu Universität und Messe. "Wenn man mitspielen will, braucht man einen solchen Kristallisationspunkt zwischen den Schnittstellen verschiedener Branchen", sagt Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle. Im Innovationspark setzt Augsburg auf Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Automation und Carbonfaser.

Laut Geschäftsführer Hehl gibt es etwa 2000 solcher Innovationsparks auf der Welt. Großer Mitbewerber in Bayern ist etwa Martinsried in München. Die Idee in Augsburg ist, direkt in der Nähe zur Universität auszubilden, zu forschen und zu entwickeln und schließlich in den Prototypenbau und die Serienentwicklung zu gehen. Bei der Rocket Factory hat dies bereits gut funktioniert, die als kleines Start-up mit zwei Mann startete und nun mit 80 Mitarbeitern aus 15 Ländern ressourceneffiziente Minitransport-Raketen für einen Multimilliardenmarkt entwickelt.

Der Innovationspark stelle Kompetenzen und Flächen zur Verfügung, so drückt es Wirtschaftsreferent Hübschle aus. Wer einen Prototyp entwickelt, etwa für die Herstellung von Flugzeugteilen aus Carbonfaser, der kann solch ein Gerät nicht nur im Labor testen - er hat hier die Möglichkeit, eine Maschinenhalle zu nutzen. Braucht ein Unternehmen nur für kurze Zeit Technologieingenieure, kann es Studenten der Universität für eine Masterarbeit engagieren. "Wir haben seit zehn Jahren ein Netzwerk mit Universität und Unternehmen. Wir wissen inzwischen sehr gut, wer was macht und bringen Wissen und Anwender zusammen", sagt Andreas Thiel von der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH.

"Die Kaufkraft in der Region kommt dann, wenn Arbeitsplätze entstehen", sagt Wirtschaftsreferent Hübschle, und da lockt der Innovationspark inzwischen auch Firmen aus München an. Sascha R. Dragone etwa hat mit seiner AUDAX GmbH das Gebäude Weitblick 1.7 direkt an der Bundesstraße 17 hochgezogen. Photovoltaik auf dem Dach, E-Ladestationen für Autos und Fahrräder in der Garage, Fensterscheiben, die sich bei Sonnenstrahlung automatisch abdunkeln. Unter anderem der Automobilzulieferer Webasto hat hier Büros. "Wir haben Mieter im Haus, die bewusst aus der Region München weggegangen sind, um ihren Mitarbeitern entgegen zu kommen, die vorher von Augsburg nach München gependelt sind", sagt Dragone. Und die bewusst solch moderne Büroflächen gesucht haben, um ihren Mitarbeitern etwas bieten zu können. Vom Ballungszentrum München zu profitieren und im Vergleich mit den geringeren Lebenshaltungskosten wuchern, das ist eines der Ziele der Stadt und des Innovationsparks. "Man muss es ja nicht immer gleich Greater Munich nennen, aber die Nähe zu München ist ein Standortvorteil, mit dem wir wuchern können", sagt Hübschle. Laut Geschäftsführer Hehl interessieren sich immer mehr überregionale Unternehmen für den Standort.

Noch ist viel Platz auf dem 70 Hektar großen Innovationspark, auf dem jetzt schon 1200 Arbeitsplätze entstanden sind. Der Innovationsbogen der Walter AG soll künftig das Eingangstor zu Augsburgs Silicon Valley bilden. "Augsburg ist ein extrem spannender Standort mit einem sehr guten Flächenpotential und einer hervorragenden Infrastruktur", sagt Vorstand Jürgen Kolper. Die Walter AG hat sich zahlreiche Flächen auf dem Innovationspark gesichert und auch den alten Fujitsu-Standort gleich nebenan. "Technology Campus Augsburg" nennt der Projektentwickler das 18 Hektar große Areal mit zahlreichen, hochwertigen Produktionshallen. Das Angebot ergänzt sich gut mit dem Innovationspark und es zeigt ganz gut, was Augsburg erreichen will. "So hart der Weggang von Fujitsu war, so hoch ist jetzt die Erwartung, dass dort nun vielleicht noch mehr entsteht", sagt Wirtschaftsreferent Hübschle.

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