Prozess in Augsburg50 000 Euro für Nacktfotos von Priester: Freiheitsstrafe für Erpresser

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Der Angeklagte zwischen Verteidiger und Dolmetscherin vor dem Amtsgericht in Augsburg.
Der Angeklagte zwischen Verteidiger und Dolmetscherin vor dem Amtsgericht in Augsburg. (Foto: Florian Fuchs)

Der Erpresser lernt den Geistlichen auf einer Datingplattform kennen. Nach dem Geschlechtsverkehr sendet er Nacktbilder ans Pfarramt. Die Richterin nennt die Zwangslage, in der der Priester dadurch war, „verwerflich“.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Der Angeklagte wird mit Handschellen in den Saal am Amtsgericht Augsburg geführt, er bespricht sich kurz mit seinem Verteidiger und seiner Dolmetscherin. Dann, als die Richterin die Verhandlung eröffnet, lässt er seinen Anwalt sprechen: Dass er die Tat vollumfänglich einräume, dass es ihm leidtue. „Er kann sich eigentlich nur entschuldigen für das, was da passiert ist“, sagt der Verteidiger.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchte Erpressung vor, am Ende verurteilt ihn die Richterin zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung – sie geht damit deutlich über das Strafmaß hinaus, das der Staatsanwalt gefordert hatte. Denn der Angeklagte habe, wird die Richterin in ihrer Urteilsbegründung ausführen, sein Opfer in eine Zwangslage gebracht, die sie nur als „verwerflich“ bezeichnen könne: Er hat einen Priester, den er über eine Datingplattform kennengelernt und mit dem er Geschlechtsverkehr hatte, mit Nacktbildern erpresst. 50 000 Euro wollte er von dem Geistlichen haben, dieser jedoch verständigte die Polizei.

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Zweimal hatten sich die Männer getroffen, bevor der Angeklagte den Priester zu erpressen versuchte. Zweieinhalb Jahre liegt die Tat bereits zurück, laut Staatsanwaltschaft sendete der Erpresser seinem Opfer mehrere Nachrichten per Whatsapp, unter anderem einen Screenshot von ihm als Priester in seiner Pfarrei in Schwaben sowie diverse Nacktbilder. Der Angeklagte forderte 50 000 Euro, sonst, so drohte er, würde er die Bilder dem Fernsehen zukommen lassen und in der Pfarrgemeinde des Priesters veröffentlichen. Als er kein Geld erhielt, verschickte er tatsächlich eine Mail mit Nacktbildern ans Pfarramt.

„Man könnte es sich einfach machen und sagen, er wollte nur Geld“, sagt der Verteidiger über seinen Mandanten. Letztlich sei die Motivlage aber komplizierter: Der Angeklagte habe nach den Treffen Gewissensbisse bekommen, weil es sich um einen Geistlichen gehandelt habe. Zudem habe es „ihn negativ beeinflusst“, dass der Pfarrer HIV-positiv sein solle und ihm das angeblich verschwiegen habe – was der geschädigte Priester laut Polizei bestreitet. Dann, führte der Anwalt aus, habe sein Mandant unüberlegt gehandelt und die verhängnisvollen Nachrichten gesendet.

Der gelernte Hotelmanager war zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange in Deutschland gewesen, er hatte sich beruflich umorientiert und arbeitete als Altenpfleger. Für die Erpressung benutzte er seine normale Telefonnummer, auch über seine Mailadresse war er für die Polizei leicht zu identifizieren. Allerdings war der Mann für die Behörden nicht zu fassen, weil er inzwischen wieder zurück in die Slowakei gereist war, um in seiner Heimat seine erkrankten Eltern zu pflegen. Die Polizei schrieb ihn zur Fahndung aus, er wurde schließlich auf der Durchreise im Zug festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Seit vielen Jahren leidet er an Depressionen und einer Persönlichkeitsstörung, er sei aber, versicherte er vor Gericht, medikamentös gut eingestellt.

Von einem „außergewöhnlichen Sachverhalt“ spricht der Staatsanwalt in seinem Plädoyer, in dem er wegen der günstigen Sozialprognose eine Freiheitsstrafe von acht Monaten fordert, ausgesetzt zur Bewährung. Auch die Richterin bewertet sein Geständnis positiv, er habe dem am Freitag nicht anwesenden Priester so einen belastenden Auftritt vor Gericht erspart. Allerdings habe der Angeklagte eine immens hohe Geldsumme gefordert. Vor allem aber habe er einen Priester mit Nacktbildern und der Offenlegung einer schweren Krankheit erpresst. Für den Geistlichen geht es bei einem Bruch des Zölibats um die berufliche Existenz, auch wenn dem Gericht und dem Ermittler der Polizei, der als Zeuge aussagte, nichts von beruflichen Konsequenzen bekannt ist. „Unter dem Strich sind das ein Jahr und acht Monate wert“, begründet die Richterin ihr Urteil.

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