Augsburg:Doch kein Flüchtlingsheim in früherer KZ-Anlage

Ehemaliges Außenlager des KZ Dachau in Augsburg, 2006

Die Halle 116 auf dem ehemaligen KZ-Gelände in Augsburg, hier auf einem Bild aus dem Jahr 2006.

(Foto: dpa)
  • Auf dem Gelände einer ehemaligen Außenstelle des KZ Dachau werden nun doch keine Flüchtlinge untergebracht. Der Freistaat Bayern habe entschieden, das Vorhaben nicht weiter zu prüfen, teilt die Stadt Augsburg mit.
  • Die Stadtverwaltung hat die Wahl des Standorts damit begründet, dass bei der Unterbringung von Asylbewerben ein "Riesendruck" herrsche. Man habe aus der Halle "einen Ort des aktiven Wirkens im Sinne der Menschlichkeit" machen wollen, akzeptiere aber nun die Entscheidung des Freistaats.
  • Charlotte Knobloch, die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in München, hat den Plan scharf kritisiert.

Warum doch keine Flüchtlinge in das Gebäude kommen

Auf dem Gelände einer ehemaligen Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau sollen nun doch keine Flüchtlinge untergebracht werden. Wie die Stadt Augsburg am Montag mitteilte, werde die sogenannte Halle 116 vom Freistaat nicht mehr als Unterbringungsmöglichkeit geprüft. "Dadurch erübrigen sich alle weiteren Überlegungen", sagte Augsburgs Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD).

Der Augsburger Stadtrat hatte sich zuvor für den Plan ausgeprochen, etwa 90 Flüchtlinge auf dem Sheridan-Areal unterzubringen. Hier steht die Halle 116, die während der Zeit des Nationalsozialismus ein Außenlager des KZ Dachau war. Bis zu 2000 Zwangsarbeiter waren zeitweise hier untergebracht. Später wurde das Gelände von US-Streitkräften genutzt, in der Halle stellten sie vor allem Fahrzeuge unter. Seit Jahren ist dort eine Gedenkstätte mit einem Museum geplant.

Wie die Stadt Augsburg die Wahl des Standorts begründet

Die Wahl des Standortes begründete Kiefer damit, dass die Stadt bei der Unterbringung von Asylbewerbern einen "Riesendruck" habe. Flüchtlingen sei durch die Ausweisung von Tabuzonen nicht geholfen. Stadträte aller Parteien gaben ihre Zustimmung zur Prüfung des Geländes - im Bewusstsein, dass es sich um ein sensibles Thema handle, wie die Politiker betonten.

Was Charlotte Knobloch dazu sagt

Die Präsidentin der Israeltischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, reagierte entsetzt auf das Vorhaben. "Das ist ein völlig indiskutabler Vorgang, das Ende der dringend notwendigen Erinnerungskultur", zitierte die Münchner Abendzeitung Knobloch. Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus und Rassismus wieder Hochkonjunktur hätten, sei dies ein "verheerendes Zeichen", eine Missachtung verfolgter Menschen, so Knobloch. Die Israelitische Kultusgemeinde in Augsburg hingegen zeigte Verständnis für das Vorhaben.

Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl und Sozialreferent Kiefer hingegen wiesen "mit Stolz" auf die unaufgeregte aber konstruktive Art hin, in der die Stadtgesellschaft das Thema öffentlich auffasse und diskutiere.

"Wir teilen die Auffassung des Freistaats zur Unterbringung von Asylbewerbern in Halle 116 nicht", erklärte Kiefer. "Ich bin überzeugt, dass wir vor Ort eine gute Lösung gefunden hätten, aus dem 'Denkort' auch einen Ort des aktiven Wirkens im Sinne der Menschlichkeit zu entwickeln." Man wolle aber "keineswegs provozieren" und akzeptiere daher die Entscheidung des Freistaats.

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