Auf Weltreise mit einem Fürstenfeldbrucker:Mit dem Segelboot am Ende der Gewissheit

Auf Weltreise mit einem Fürstenfeldbrucker: Die Abenteurer erreichen diese traumhafte Bucht im Naturpark Aguirre.

Die Abenteurer erreichen diese traumhafte Bucht im Naturpark Aguirre.

(Foto: Stephan Blasberg/oh)

Die Weltumsegelung des Brucker Abenteurers Stefan Blasberg geht weiter und führt ihn dorthin, wo Seekarten große weiße Flächen zeigen: nach Feuerland, an die Südspitze Amerikas.

Von Stefan Salger

Bei der Erkundung der Magellanstraße im Jahr 1520 finden Ferdinand Magellan und seine Männer im nördlichen Patagonien keine Siedlungen, doch im Süden der Meerenge sehen sie, wie Chronist Antonio Pigafetta berichtet, des Nachts viele Feuer. Generalkapitän Magellan tauft das Land deshalb "Feuerland". Die Seekarten weisen jenseits der südlichen Spitze Südamerikas große weiße Flächen aus: Terra Incognita - unbekanntes Land. Wo es endet, endet alle Gewissheit.

Dort, so heißt es zu Urzeiten, gebe es nicht nur Seeungeheuer. Man stürze zudem vom Rand der Erdscheibe tief herunter, möglicherweise gleich mitten hinein in die Hölle. Größer könnte der Kontrast nicht sein: Denn Stefan Blasberg, 46, der sich Mitte 2014 gemeinsam mit seinem griechischen Reisebegleiter Aleko Stephan aufgemacht hat, die Welt zu umsegeln, trifft an der Schnittstelle von Argentinien und Chile auf ein wahres Paradies - mag sich dieses zunächst auch von seiner wilden und archaischen Seite präsentieren.

"Wir haben wirklich viel erlebt im letzten halben Jahr", schreibt Blasberg vom anderen Ende der Welt, "es war fraglos ein Höhepunkt unserer bisherigen Reise". In den zurückliegenden sechs Monaten legen die beiden kleinen Segelyachten etwa 3700 Kilometer zurück. Die beiden Reisegefährten lassen eine einmalige Landschaft an sich vorbeiziehen. Es geht durch ein Labyrinth Hunderter Kanäle zu mehr als 80 Ankerplätzen in spektakulären Buchten zwischen Feuerland und Chile. Abgeschieden, einsam, atemberaubend.

Die Navigation wird zu einer echten Herausforderung. Zum einen lässt sich kein Wetterbericht empfangen. Vor allem aber stellt sich heraus, dass in so südlichen Breiten die GPS-Daten des bordeigenen Navigationssystems oft mehr als eine halbe Meile daneben liegen. "Nicht so toll, wenn man versteckte Buchten ansteuern will, die man nicht selten erst sieht, wenn man schon drin ist", so Stefan Blasberg.

Hinzu kommt "das schlechteste Wetter, das man sich vorstellen kann": wochenlang Regen, Starkwind, Sturm, immer von vorne, also da, wo man hin will, denkbar ungünstig für ein kleines Segelboot. Damit nicht genug: Auch die Wellen und Strömungen lassen die beiden Abenteurer fast verzweifeln. Es geht nichts voran, Stunde um Stunde buchstäblich Stillstand.

Weil sich die Fahrt bei Dunkelheit verbietet, muss früh genug eine schützende Bucht angesteuert werden. Dort werden die beiden betagten Boote wie in einem Spinnennetz mit Landleinen gesichert. Denn Seeleute fürchten hier die "Williwas" mehr als den Teufel. Dabei handelt es sich um gewaltige Fallwinde. Die engen Kanäle verstärken sie nicht selten zum veritablen Orkan.

Am Ende der Magellanstraße wartet ein Stück offener Pazifik. Und dort wartet ein Sturm, wie man ihn aus Berichten alter Seefahrer kennt, die das Kap Hoorn etwas weiter im Süden umrundeten. Unter Wasser markiert ein Schiffsfriedhof den Verlauf dieser gefürchteten Schiffspassage. Die Abraxas, ein 1969 in den Niederlanden auf Kiel gelegtes Boot mit 1,40 Meter Tiefgang und einer Länge von nicht einmal zehn Metern, hat schwer zu kämpfen.

Auf Weltreise mit einem Fürstenfeldbrucker: Quelle: SZ-Grafik

Quelle: SZ-Grafik

(Foto: SZ-Grafik)

In einem Sturm hat sie ihren ersten "Knock down" - eine große Welle klatscht in die Segel und drückt den Mast unter Wasser. Ein Schreckmoment für Stefan Blasberg. Unter Deck bricht das Chaos aus. Schränke brechen auf und spucken den Inhalt ins Boot. "Und neben mir ein Monster von einem Kreuzfahrtschiff, von dem aus mein Malheur auch noch fotografiert wird", erinnert sich Blasberg.

Nach einem Monat scheint das schlimmste Stück bewältigt. Die beiden Freunde laufen Puerto Natales an und ankern dort, um den Proviant aufzufüllen. Doch dort werden sie gleich vom nächsten Sturm überrascht. Wie eine Faust trifft eine Böe die Abraxas und schleudert sie an den Strand, wo sie auf der Seite liegen bleibt. Letztlich geht es aber glimpflich ab.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: