Ingolstadt:Von klugen und dummen Ampeln

Audi AG

"Vom Direktor bis zum Penner / sind wir nichts als Ampelmänner! / Dort, wo eine Kreuzung droht, / hat man selten Grün, meist Rot."

(Foto: dpa)

Audi will in Ingolstadt seine Autos mit den Ampeln vernetzen, damit die Autos noch schneller durch die Stadt rauschen können. Doch leider macht nicht jede Ampel mit.

Glosse von Johann Osel

Es ist ein halbes Jahr her, da stand sie, die sonst nur Grummeln oder Zorn hervorruft, kurz im Rampenlicht: die Ampel. 150 Jahre alt wurde sie da, im Dezember 1868 war ein erstes Exemplar in London erbaut worden, auch wenn das gusseiserne Ding mit Gaslaterne bald explodierte. Zum Jubiläum aber gab es kein böses Wort über die Lichtzeichenanlage, wie sie im Behördendeutsch heißt. Viele Medien sammelten Schnurren, der Bayerische Rundfunk meldete: "Zwei Wochen unseres Lebens verbringen wir mit dem Warten an einer roten Ampel. Statt uns zu ärgern, sollten wir uns eigentlich freuen, dass jemand für uns den Verkehr regelt." Rasch wurde das alles wieder überlagert vom Frust der Autofahrer - die ja oft vor allem das Gefühl haben, dass ausgerechnet und ausschließlich sie rot sehen an der Kreuzung.

Das kennt man im notorisch verstopften Ingolstadt. Audi ist da nicht nur Lieblingsarbeitgeber, sondern auch Lieblingsmarke, aber all die Motorenfreunde teilen sich eine Stadt, die auf historischen Strukturen fußt. Verkehrspolitik ist ein Daueraufreger, und nicht jeder reagiert so humorvoll wie Heinz Erhardt: "Vom Direktor bis zum Penner / sind wir nichts als Ampelmänner! / Dort, wo eine Kreuzung droht, / hat man selten Grün, meist Rot." Doch es soll sich etwas ändern. Audi will von Juli an die vernetzte Stadt forcieren. Neue Modelle sollen mit den Ampeln kommunizieren, wie der Konzern mitteilt. So könne man im besten Fall auf grüner Welle durch die Stadt sausen. Das System im Wagen zeigt an, in welchem Tempo man die nächste Ampel bei Grün schafft oder den Countdown bis zur freien Fahrt. Autofahren werde so entspannter, heißt es, man sei "souveräner unterwegs". In den USA biete Audi den Service bereits, Ingolstadt sei der europäische Pionier. Das hört man gern in der Lokalpolitik, wo man das Futur mag - ein Projekt zeigte mal, wie der Verkehr mit autonomen Autos aussähe, alles "im Flow".

Doch es gibt zwei Haken. Trotz Investitionen sind nicht alle Ampeln kluge Digitalexemplare. Es gibt, wie es mal im Stadtrat hieß, "dumme Ampeln". Zweitens hat nicht jeder einen neuen Audi. Wobei, am ehesten hier: In der Stadt wird selten ein Renault Clio oder Opel Corsa gesichtet. Deren Fahrern bleibt Heinz Erhardt als Trost: "Man ist diesem Rot nicht grün."

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