Süddeutsche Zeitung

Attacke auf Passauer Polizeidirektor:"Das ist ein ungutes Gefühl"

Lesezeit: 2 min

War es gar kein Neonazi? Wurde der Tatort nicht genau genug durchsucht? Nach der Messerattacke auf den Pasauer Polizeidirektor Alois Mannichl wurde mehr als zwei Jahre lang ermittelt - ohne Erfolg. Nun stellt Oberstaatsanwalt Helmut Walch das Verfahren ein. Warum?

Annette Ramelsberger

Am 13. Dezember 2008 wurde der Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl vor seiner Haustür niedergestochen. Von einem Mann, der aussah wie ein Neonazi, sagte Mannichl. Der Fall war spektakulär, der Ministerpräsident eilte ans Krankenbett. Dann keimte der Verdacht: einen Neonazi, wie Mannichl ihn beschrieben hatte, gab es nirgends, DNA-Spuren wurden nicht gefunden, der Tatort wurde offenbar nicht genau genug durchsucht. Steckte hinter dem Angriff möglicherweise etwas ganz anderes? Eine Soko von 70 Mann bemühte sich über Monate um Aufklärung - ohne Erfolg. Nun will der Passauer Oberstaatsanwalt Helmut Walch den Fall zu den Akten legen. Mannichl ist heute Chef der Kripo von Niederbayern.

Herr Walch, Sie wollen das Verfahren im Fall Mannichl einstellen - haben Sie keine Hoffnung mehr auf Aufklärung?

Hoffnung haben wir immer. Aber es sind nun fast alle 3000 Spuren abgearbeitet. In der letzten Zeit saßen nur noch zwei Beamte an dem Fall. Ich erwarte in den nächsten Wochen den Schlussbericht. Dann werde ich das Verfahren einstellen. Wir können es aber jederzeit wieder aufnehmen, wenn es neue Erkenntnisse gibt.

Die bayerische Polizei rühmt sich, dass sie fast alle Gewaltdelikte aufklärt. Warum nicht in diesem Fall?

Das ist schwer aus dem Stegreif zu beantworten. Die Polizei hat auf jeden Fall alles getan, was möglich war.

Ihnen wurden immer wieder Ermittlungspannen vorgeworfen: dass rund um das Haus von Mannichl zu wenig nach Spuren gesucht wurde, dass die österreichische Polizei zu spät alarmiert wurde.

Die österreichische Polizei ist sofort verständigt worden, das war im Minutenbereich. Auch dass das Landeskriminalamt den Bereich um Mannichls Haus noch mal untersucht hat, ist ganz normal. Und auch, dass das Landeskriminalamt später eingeschaltet wurde und zunächst die Passauer Polizei ermittelte, ist kein Fehler. Sofortmaßnahmen müssen immer vor Ort eingeleitet werden. Und die Passauer sind nicht schlechter als die Kollegen vom LKA. Etwaige Ermittlungsfehler haben sich nicht ausgewirkt.

Aber Mannichl selbst hat den Ermittlern Fehler vorgeworfen, die seine Familie in ein schiefes Licht stellten. Frau und Kinder wurden erst Tage später befragt.

Das ist so nicht richtig. Natürlich haben wir uns zunächst auf die Schilderungen von Mannichl verlassen und in Richtung Rechtsextremismus ermittelt. Aber auch uns ist natürlich der Gedanke gekommen, dass sich vielleicht der Täter verstellt haben könnte. Wir haben von Anfang an auch in der Familie ermittelt. Ich habe selbst mit ihr gesprochen.

Zwischen Ihnen und Mannichl kam es dann zur Auseinandersetzung. Warum?

Das war eine schwierige Situation, ich will sie nicht wieder aufrühren. Herr Mannichl hat gegen seine eigenen Beamten schwere Vorwürfe erhoben. Dass zum Beispiel die Spuren unter seinen Fingernägeln nicht untersucht wurden, um Spuren des Täters zu finden. Die Hände wurden untersucht, aber die Nägel wurden nicht gesichert. Da war es meine Pflicht, mich vor die Beamten zu stellen. Unser Streit ist Schnee von gestern.

Es gab von Anfang Spekulationen, es handele sich nicht um den Angriff eines Rechtsradikalen, sondern um einen häuslichen Streit. Hat sich das geklärt?

Es gibt keine vernünftigen Anhaltspunkte für solch einen Verdacht. Die Fakten lassen keine Aussagen in irgendeine Richtung zu.

Viele beschleicht das Gefühl, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Wir können nicht alles sagen, was wir wissen. Es geht um Täterwissen, das wir in der Öffentlichkeit nicht breittreten wollen - falls wir doch noch den Täter finden. Wir können nicht jede Meldung, jeden Verdacht dementieren. Sonst offenbaren wir, was wir wissen. Das ist die Krux dieses Verfahrens.

Wie oft mussten Sie sich gegen den Vorwurf verteidigen, die Polizei habe etwas vertuscht?

Ich nie. Aber die Vorwürfe sind immer wieder laut geworden. Ich bin nicht glücklich darüber, dass der Fall nicht aufgeklärt ist. Es kann nichts ausgeräumt werden: nicht die Vorwürfe gegen die Ermittler und nicht der Verdacht gegen das Opfer. Das ist ein ungutes Gefühl. Das macht mich unglücklich.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1100747
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.05.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.