Süddeutsche Zeitung

Atomkraft:Computervirus im AKW Gundremmingen

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Von Stefan Mayr, Gundremmingen

Für die einen ist es ein Grund für größte Besorgnis, für die anderen ist es lediglich ein "Vorkommnis der Stufe 0", das "keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung" hat. Im schwäbischen Atomkraftwerk Gundremmingen ist ein Computervirus entdeckt worden. Das betroffene System gehört nach Angaben von Kraftwerkssprecher Tobias Schmidt zur Brennelement-Lademaschine und hat "sicherheitstechnische Bedeutung", wie Schmidt indirekt einräumt. Einen Einfluss auf die Steuerung der Lademaschine sei aufgrund der Systemarchitektur aber ausgeschlossen, betont er. Es handele sich nicht um einen gezielten Cyberangriff von Hackern, sondern um eine "Büro-Schadsoftware", die in der Fachwelt "seit Jahren bekannt" sei. Eine Gefährdung des Personals, der Umgebung oder der Anlage habe es nicht gegeben.

Das Virus wurde bei Prüfarbeiten zur Vorbereitung einer Revision des Blocks B entdeckt. Es wurde auch auf 18 Wechseldatenträgern, vornehmlich USB-Sticks, gefunden. Auf welchem Wege die Computerviren ins System eingeschleppt wurden, sagt Schmidt nicht. Auch die Frage, wie lange das Virus vorhanden war und unentdeckt blieb, lässt er unbeantwortet. "Eine Büro-Schadsoftware kann die Steuerung eines Kernkraftwerks nicht beeinflussen und damit dessen sicheren Betrieb nicht gefährden", sagt Schmidt. Das Virus versuche, eine ungewollte Verbindung zum Internet herzustellen. Die an technischen Komponenten eingesetzten Rechner, die für die Steuerung der Anlage genutzt werden, seien nicht mit dem Internet verbunden. Die zuständige Aufsichtsbehörde und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wurden informiert. Die Aufklärung erfolgt mit Unterstützung durch IT-Fachleute des RWE-Konzerns, sie haben bislang fast 1000 Geräte überprüft. "Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen", sagt Schmidt. Als Reaktion auf den Fund seien die Vorkehrungen zur IT-Sicherheit ausgeweitet worden.

Nach Bekanntmachung des Vorfalls forderte eine regionale Initiative von Atomkraftgegnern weitere Aufklärung - vor allem darüber, ob das Computervirus das "meldepflichtige Ereignis" vom November 2015 verursacht habe. Damals riss der Kopf eines Brennelementes ab. "Hier gibt es keinen Zusammenhang", betont Kraftwerkssprecher Schmidt.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2016
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