Süddeutsche Zeitung

Asylpolitik in Bayern:Seehofer fordert Grenzkontrollen

Der ständige Zustrom und die unzumutbare Lage vieler Flüchtlinge in Bayern alarmieren die CSU. Ministerpräsident Seehofer macht vor allem der Zuzug von Italien über Österreich nach Bayern Sorge - daher will er notfalls die Grenzkontrollen wieder einführen.

Ministerpräsident Horst Seehofer will den Flüchtlingsstrom von Italien über Österreich nach Bayern notfalls mit Grenzkontrollen bremsen. Der CSU-Chef sagte der Bild: "Italien verstößt klar gegen das Schengen-Abkommen. Wenn das nicht abgestellt wird, muss Deutschland ernsthaft erwägen, durch Kontrollen an der Grenze diesen Verstoß zu stoppen."

Die EU-Staaten seien sehr unterschiedlich betroffen, deshalb müssten sie feste Quoten vereinbaren: "Wir müssen dafür sorgen, dass die Flüchtlinge in Europa gerecht verteilt werden", forderte Seehofer. Der Freistaat rechnet in diesem Jahr mit 33 000 Neuankömmlingen - mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Die beiden Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf sind überfüllt.

Erste Beratung nach der Sommerpause

Am heutigen Dienstag wollen Seehofer und seine Ministerriege in ihrer ersten Kabinettssitzung nach der Sommerpause über die dramatischen Zustände beraten. Dass Seehofer das Problem nun endlich zur Chefsache macht, kommt aus Sicht der Landtags-Opposition viel zu spät. "Die menschenunwürdigen Zustände in den Erstaufnahme-Einrichtungen in Bayern" seien das Ergebnis langjähriger Versäumnisse der Staatsregierung, hieß es am Montag in einer gemeinsamen Erklärung der SPD, der Freien Wähler und der Grünen. Einhellig forderten die drei Parteien eine Sondersitzung des Sozialausschusses. Am 15. September solle Sozialministerin Emilia Müller im Landtag darlegen, welche Sofortmaßnahmen die Staatsregierung nun ergreifen will, um die Lage der Asylbewerber zu verbessern.

Ministerpräsident Horst Seehofer hatte am Wochenende betont, die steigende Zahl von Flüchtlingen sei so nicht absehbar gewesen. Dem widersprach am Montag der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt in Bayern, Thomas Beyer: "Das Ausmaß der Flüchtlingsströme war sehr wohl prognostizierbar." Seehofer wolle doch nicht ernsthaft behaupten, er kenne die Berechnungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nicht.

Auch aus Berlin hagelt es Kritik: Nach Ansicht der Linken im Bundestag hat Bayern mit seiner "auf Abschreckung" basierenden Asylpolitik jahrelang den Staatshaushalt unnötig belastet. Schuld daran sei vor allem die lange Zeit verfolgte Linie, an die Asylbewerber Lebensmittelpakete statt Geldbeträge zu verteilen. Zudem koste die Unterbringung in Massenunterkünften in der Regel mehr als eine Mietübernahme privater Wohnungskosten. In keinem anderen Bundesland seien die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz pro Person so hoch wie in Bayern, sagte Thomas Hohlfeld, der Migrationsexperte der Linken.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2120605
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.09.2014/dpa/dm/vewo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.