Der Mann, der in Aschaffenburg zwei Menschen mit einem Messer getötet haben soll, hatte es offenbar auf Kinder abgesehen. Das sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Abend bei einem Besuch am Tatort. Ein zweijähriger Junge und ein 41 Jahre alter Passant wurden am Mittwochmittag bei dem Angriff getötet, angegriffen wohl von einem 28-Jährigen, der als psychisch belastet gilt und deswegen schon mehrfach in Behandlung war.
Der Verdächtige war nach Herrmanns Worten wegen eines von ihm selbst abgebrochenen Asylverfahrens ausreisepflichtig. Er sei im November 2022 nach Deutschland eingereist und habe einen Asylantrag gestellt. Sein Verfahren sei abgeschlossen worden, nachdem der Mann selbst im vergangenen Dezember gegenüber den Behörden angekündigt habe, wieder ausreisen zu wollen. Dazu kam es aber nicht.
Der 28-jährige Verdächtige griff nach ersten Erkenntnissen eine Kindergartengruppe an, die in einem Park in der Innenstadt unterwegs war. Mehrere Kinder und Erzieherinnen habe er mit einem Küchenmesser attackiert, so Herrmann. Ein Passant habe versucht, den Angreifer abzuwehren, er bezahlte seinen Einsatz mit seinem Leben.
Auf Videos und Bildern, die um die Mittagszeit nur wenige Minuten nach der Tat schon im Netz kursierten, sieht man Dutzende Fahrzeuge auf den Straßen und in den Gassen. Gegen 11.45 Uhr machten sie sich Augenzeugenberichten zufolge auf Richtung Park Schöntal. Dorthin, wo sich die Tat ereignet hat.

Neben den beiden Getöteten sind ein 61 Jahre alter Mann, eine Erzieherin sowie ein kleines Mädchen verletzt worden, wie Herrmann sagte. Die Zweijährige wurde demnach dreimal mit dem Messer am Hals getroffen. Alle drei wurden ins Klinikum Aschaffenburg gebracht, sind aber nach den Worten von Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nicht in Lebensgefahr.
Den Verdächtigen nahm die Polizei fest. Bei der Durchsuchung seines Zimmers in einer Asylbewerberunterkunft habe man keine Hinweise auf eine radikale islamistische Gesinnung gefunden.
Der Mann aus Afghanistan sei im November 2022 nach Deutschland gekommen und habe einen Asylantrag gestellt. Dreimal sei er in der Vergangenheit wegen Gewalttaten aufgefallen und in der Psychiatrie gewesen. Vor rund einem Monat sei Betreuung angeordnet worden. Der 28-Jährige habe im vergangenen Dezember seine freiwillige Ausreise angekündigt, so Herrmann weiter, daraufhin sei das Asylverfahren eingestellt worden. Ausgereist war er aber nicht.

Nach der Messerattacke in Aschaffenburg:Suche nach Motiv für Angriff steht im Fokus
Zwei Tote, drei Verletzte, ein mutmaßlich psychisch labiler Täter - nach der Gewalttat in Aschaffenburg gehen die Ermittlungen weiter. Und es beginnt eine politische Debatte. Denn der Tatverdächtige war ausreisepflichtig.
Hotspot der Drogenszene
Der neun Hektar große, historische Schöntal-Park, wo sich der Angriff ereignete, liegt direkt im Zentrum von Aschaffenburg. Die Fußgängerzone ist ebenso nah wie die „City Galerie“, das große Einkaufszentrum der Stadt. Der Park gilt als Treffpunkt und Hotspot der Drogenszene. Immer wieder kommt es laut Polizei zu Betäubungsmitteldelikten und Verbrechen im Drogenmilieu. Die Polizei ist dort auch regelmäßig mit Fußstreifen unterwegs, wie ein Sprecher sagte. Womöglich auch deshalb habe der Verdächtige rasch gefasst werden können. Ob Zeugen der Tat dabei halfen, werde derzeit geklärt.
Im vergangenen November wurde der Aschaffenburger Park zu einem „gefährlichen Ort“ erklärt, was den Beamten mehr Rechte einräumt. Ziel sei es gewesen, die Bekämpfung von Kleinkriminalität und das Sicherheitsgefühl zu verbessern.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach den Opfern und Angehörigen sein Mitleid aus. Er nannte den Angriff eine „Terror-Tat“. Mit Blick auf den Aufenthaltsstatus des Tatverdächtigen sagte Scholz: „Ich bin es leid, wenn sich alle paar Wochen solche Gewalttaten bei uns zutragen. Von Tätern, die eigentlich zu uns gekommen sind, um hier Schutz zu finden.“ Die Behörden müssten aufklären, warum der Tatverdächtige noch in Deutschland sei.
Scholz bestellte noch am Mittwochabend die Chefs des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei ins Kanzleramt. „Nach der furchtbaren Tat in Aschaffenburg habe ich mich heute Abend direkt nach meiner Rückkehr aus Paris mit den Chefs der Sicherheitsbehörden und Bundesinnenministerin Faeser getroffen. Wir werden diesen Fall schnell aufklären und die nötigen Konsequenzen ziehen. Jetzt.“, schrieb Scholz auf X.

Reaktionen auf die Messerattacke:„Das ist eine unfassbare Terror-Tat in Aschaffenburg“
In einem Park in Aschaffenburg soll ein ausreisepflichtiger Mann aus Afghanistan einen kleinen Jungen und einen 41-Jährigen erstochen haben, drei Menschen wurden verletzt. Die Tat sorgt für Entsetzen. So reagieren Politik und Kirche.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von einem „entsetzlichen Tag“ für den Freistaat. „Wir trauern um ein kleines, unschuldiges Kind, das tödlich verletzt wurde. Wir trauern um einen Helfer, der seine Zivilcourage mit dem eigenen Leben bezahlt hat.“ Die Tat müsse restlos aufgeklärt werden, doch erst einmal sei es an der Zeit innezuhalten.
Aschaffenburgs Oberbürgermeister (SPD) Jürgen Herzing unterbrach am Mittwoch nach Angaben des Rathauses wegen der Tat seinen Urlaub. Er sei auf dem Weg zurück nach Unterfranken und werde am Donnerstag im Park Schöntal einen Kranz niederlegen. Sein Mitgefühl sei mit den Opfern und Angehörigen, erklärte er und dankte den Einsatzkräften. Er sagte: „Ich bin schockiert, zutiefst erschüttert und mit dem Herzen bei den Opfern und ihren Angehörigen.“ Auch der katholische Bischof Franz Jung verurteilte die Tat, er werde für die Opfer und ihre Angehörigen beten. „Bitten wir Gott um Frieden in der Stadt Aschaffenburg und in unserer Gesellschaft.“
Menschen in Angst
Von einer „schockierenden Situation“ berichten die Wirtsleute im Hofgarten-Wirtshaus „Da Claudio“, das am östlichen Rand des Schöntal-Parks liegt, wo auch die überregional bekannte Aschaffenburger Kabarettbühne „Hofgarten“ ihre Heimat hat. Um die Mittagszeit sei das Restaurant mit zahlreichen Gästen besetzt gewesen, berichtet der Pächter des Restaurants. Die Tat hatte auch Auswirkungen auf den Bahnverkehr, denn der Verdächtige soll versucht haben, über die Gleise zu fliehen. Züge von und nach Aschaffenburg wurden zurückgehalten, der Hauptbahnhof sowie der Bahnhof Aschaffenburg Süd wurden am Nachmittag nicht angefahren. ICE-Züge zwischen Frankfurt und Würzburg wurden umgeleitet, es kam zu Verspätungen.