Um geschwind in den Gehörgang zu bekommen, wie man in Aschaffenburg und überhaupt westlich des Spessarts das Wörtchen „sicher“ auszusprechen pflegt, muss es erlaubt sein, sich kurz den einzigartigen Norbert Blüm ins Gedächtnis zu rufen. Hat sich ein anderer Nachkriegspolitiker ein solches Wortdenkmal gesetzt wie der Sozialminister unter Helmut Kohl? Gut, Konrad Adenauer, „Keine Experimente“, aber das hört man ja irgendwie nicht. Blüms „Die Rente is’ sischä“ dagegen – das hat man doch umgehend im Ohrkanal.
Jetzt muss man mit wenig Empfindlichkeiten so vorsichtig sein wie mit dialektalen. Blüm stammte aus Rüsselsheim im Südhessischen, die Wurzeln des Aschaffenburgers Idioms wiederum – sagen Sprachforscher – liegen eher in Mainz. Immerhin haben die dortigen Kurfürsten und Erzbischöfe den unteren Main als Residenz-Ort für ihren zweiten Regierungssitz erwählt und ihren Dialekt gleich mitgebracht nach „Aschebersch“. Ob nun wiederum das „sischä“ aus Rüsselsheim rein klanglich komplett identisch ist mit dem „sischä“ aus Mainz – keine zwölf Kilometer weiter westlich gelegen – muss dahingestellt bleiben. Eines aber darf man schon als gesetzt nehmen: Zumindest für ungeübte Ohren klingt ein „sicher ist sicher“ in Aschaffenburg genau so, als würde Norbert Blüm eine Variante seines Lebenssatzes zum Besten geben.
Und damit ins Rathaus von Aschaffenburg, wo seit 2020 der Sozialdemokrat Jürgen Herzing die Geschäfte führt. Als er zum Oberbürgermeister gewählt wurde, erregte das schon überdurchschnittliche Aufmerksamkeit. Wenn man nämlich die Rathäuser der Republik so durchgeht, finden sich viele Juristen, mal eine Volkswirtin, mal eine Lehrerin, mitunter ehemalige Verwaltungsbeamte. Ein Rettungssanitäter, hauptberuflicher Feuerwehrmann und Feuerwachen-Leiter aber? Das klang schon gut – und tut es immer noch. Irgendwie nach: sischä is’ sischä.
Nun stehen 2026 wieder Wahlen an und wenn man sich in die CSU versetzt, muss man schon sagen: keine idealen Voraussetzungen für einen Wechsel in Aschebersch. Die Story vom Berufsfeuerwehrmann, der mit ruhiger Hand die Geschicke einer Stadt in die Zukunft führt, alle etwaigen Brände mit geschultem Blick vorab bereits austretend – dagegen muss man erst mal anfeuern.
Aber die große Volkspartei Bayerns wäre nicht die große Volkspartei Bayerns, wenn sie angesichts dessen so einfach die Waffen strecken – nicht also versuchen würde, der Konkurrenz in ihrer vermeintlichen Kernkompetenz stilsicher das Wasser abzugraben. Wie das Main Echo berichtet, hat die CSU bei ihrem Sommerempfang auf Schloss Johannisburg – das ist besagte Residenz der Mainzer Kurfürsten – durchblicken lassen, mit wem sie 2026 voraussichtlich ins OB-Rennen gehen wird. Die Wahl fiel auf Markus Schlemmer. Und der ist nichts Geringeres als Chef der Kriminalpolizei in Aschaffenburg.
Angekündigt wiederum hat das niemand anderes als Winfried Bausback. Der war als zuständiger Minister bis 2018 Chef der bayerischen Justizbehörden. Oder anders gesagt: sischärer is’ sischärer.