Die Stadt Aschaffenburg hat beim Bundesgerichtshof Beschwerde gegen ein umstrittenes Urteil zu Kinderehen eingelegt. Die Stadt will grundsätzlich klären lassen, ob im Ausland geschlossene Ehen mit Minderjährigen unter 16 Jahren "vor dem deutschen Gesetz anerkannt werden oder nicht". Daher sei beim Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg eingelegt worden, sagte eine Stadtsprecherin am Donnerstag.
Das OLG hatte im Mai entschieden, dass das als Vormund bestellte Jugendamt der Stadt Aschaffenburg nicht über den Aufenthaltsort einer heute 15-Jährigen aus Syrien bestimmen darf. Das Mädchen war dort als 14-Jährige mit einem volljährigen Cousin verheiratet worden. Die Ehe sei wirksam und selbst im Falle einer Unterschreitung des in Syrien geregelten Ehemündigkeitsalters nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar oder aufhebbar, urteilten die Bamberger Richter.
Das Frauenhilfswerk Terre des Femmes protestierte am Donnerstag scharf gegen diese Anerkennung der Minderjährigen-Ehe und drängte darauf, das Mindestheiratsalter in Deutschland ohne Ausnahme auf 18 Jahre festzulegen und im Ausland geschlossene Ehen mit Minderjährigen nicht anzuerkennen. Hintergrund ist, dass etwa in den Flüchtlingslagern zunehmend Kinder zwangsverheiratet werden. Der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer zufolge werden gerade Mädchen dann nicht nur häufig sozial isoliert, sondern oft Opfer häuslicher Gewalt und sexuellen Missbrauchs durch wesentlich ältere Ehemänner.