Süddeutsche Zeitung

Aschaffenburg:Angeklagter gesteht Mord an hochschwangerer Frau

  • Die hochschwangere Rebecca musste sterben, vermutlich, weil ihr Geliebter seine eigene Ehe schützen wollte.
  • Zum Prozessauftakt sprach der Angeklagte von einem "Blackout" und legte ein Geständnis ab.

Von Katja Auer

Selber will der Mann nichts sagen, aber sein Anwalt verliest eine eindeutige Erklärung. Wie der Angeklagte mit der jungen Frau in den Wald gefahren ist, wie sie redeten, wie sie stritten, wie er sie erdrosselte. Vor fast einem Jahr starb die 24-jährige Rebecca und mit ihr die ungeborene Tochter. Der Vater des Kindes war der 32-Jährige, der sich nun vor dem Landgericht Aschaffenburg wegen Mordes verantworten muss.

Er wollte das Mädchen nicht, er fürchtete um seine Ehe, die Sache mit Rebecca war nie etwas Ernstes. Deswegen habe er die junge Frau umgebracht, wirft ihm der Oberstaatsanwalt vor, weil er nicht zahlen wollte und weil er Angst hatte, dass alles auffliege.

Sein Verteidiger spricht von einem Blackout. Der Lkw-Fahrer habe Rebecca vor ein paar Jahren kennengelernt und immer wieder habe es sexuelle Begegnungen gegeben. Dabei habe er sich "wegen seines untreuen Verhaltens nicht wohl" gefühlt, verliest der Verteidiger, schließlich sei er schon lange mit seiner Ehefrau zusammen gewesen, 2014 hatten die beiden geheiratet, 2012 kam der gemeinsame Sohn auf die Welt. Aber er habe sich Rebeccas "forderndem Verhalten nicht entziehen" können, lässt er vorlesen, er habe sich ihr ausgeliefert und unterlegen gefühlt.

Wie der Angeklagte die Tat beschreibt

Als ihm die sechs Jahre jüngere Frau schließlich mitteilte, dass sie von ihm schwanger sei, sei er völlig schockiert gewesen. "Er hat sehr um den Bestand seiner Ehe gefürchtet", sagt der Anwalt. Von da an gibt es die Geschichte in zwei Varianten, jene des mutmaßlichen Mörders und jene seines Kumpels, der wegen Beihilfe zum Mord neben ihm auf der Anklagebank sitzt.

Er habe sich mit seinem Freund besprochen, so lautet die Version des 32-Jährigen, und der habe ihm geraten, Rebecca "wegzuschaffen" und sie beispielsweise die Treppe runterzustoßen. Der 26-Jährige habe sich bereit erklärt, ihm zu helfen. So habe er ihm ein Alibi verschaffen sollen.

Die beiden verabredeten sich an jenem Tag im Mai, an dem Rebecca verschwinden sollte, vor einem Aschaffenburger Fitness-Studio. Zusammen gingen sie hinein, aber der Ältere verließ das Studio schon nach wenigen Minuten. Mit dem Auto seines Freundes, das dieser ihm überlassen hatte, fuhr er zu Rebecca und mit ihr schließlich in ein Waldstück nahe der Autobahn.

Er habe ihr gesagt, dass er sich mit ihr an einem neutralen Ort aussprechen wolle. Da hatte er schon Klebeband, Kabelbinder und ein Spannbetttuch dabei. Utensilien, um die junge Frau umzubringen und ihre Leiche zu beseitigen.

Die beiden unterhielten sich, Rebecca sei "normal und überraschend nett" gewesen, verliest der Verteidiger. Dann aber sei die Stimmung gekippt, sie habe Sex mit dem Angeklagten haben wollen und sie habe abfällig über dessen Ehefrau gesprochen. Wieder habe der Angeklagte gespürt, dass sie Macht über ihn ausübe.

Dann passierte das, was er einen "Blackout" nennt, der Anklage zufolge jedoch ein kalt berechneter Plan zugrunde lag: Er würgte die hochschwangere Frau mit den Händen und seinem Arm, dann erdrosselte er sie mit einem grünen Kabelbinder.

Die Leiche wickelte er in das Betttuch und brachte sie mit dem Auto seines Kumpels zu einer Garage, die er gemietet hatte. Dort verbarg er sie unter eine Motorhaube. Dann brachte er seinem Freund das Auto zurück, der vor dem Fitness-Studio wartete. Der sollte dann bei passender Gelegenheit die Leiche endgültig entsorgen. Auf dem Weg nach Hause besorgte der mutmaßliche Mörder noch einen Blumenstrauß für 22 Euro. Seine Ehefrau hatte am nächsten Tag Geburtstag. Die hat sich inzwischen von ihm scheiden lassen.

Mitangeklagter bestreitet Beteiligung

Der mitangeklagte 26-Jährige will von den Mordplänen seines Kumpels nicht gewusst haben. Er habe Rebecca gar nicht gekannt, nur einmal gesehen, lässt er seinen Verteidiger verlesen, außerdem habe der 32-Jährige nie von seiner außerehelichen Beziehung erzählt. Das sei kein Thema gewesen.

Sie seien seit 15 Jahren enge Freunde und hätten sich oft gegenseitig geholfen, das schon. Er ihm bei den Reparaturen am Auto, der Kumpel ihm bei der Renovierung seiner Wohnung. Aber von einem Alibi für einen Mord sei nie die Rede gewesen und erst als Rebecca schon tot gewesen sei, habe ihn der Ältere gebeten, die Leichen zu entsorgen. Das habe er aber abgelehnt.

Das Auto, ja, das habe er ihm geliehen. Weil er dachte, dass sich der Kumpel mit Rebecca aussprechen wolle. Aber "nicht im Entferntesten habe ich daran gedacht, dass er Rebecca töten wollte." Das habe er dem Freund auch gar nicht zugetraut, nie habe er ihn gewalttätig erlebt. Und er selbst sei "allein wegen meiner Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft in die Sache reingezogen" worden.

Wie das Verschwinden Rebeccas auffiel

Als Rebecca an jenem Mittwoch im Mai nicht im Kindergarten erschien, um ihren dreijährigen Sohn abzuholen, begann eine großangelegte Suchaktion. Schnell rückte der nun Angeklagte in den Fokus, doch der habe anfangs sehr glaubhaft bestritten, dass er irgendwas mit der Sache zu tun habe, sagt ein Kriminalbeamter vor Gericht. Er habe Blickkontakt gehalten, nicht gezittert, in klaren Sätzen gesprochen.

Auch habe der jüngere Mitangeklagte ein zunächst überzeugendes Alibi geliefert. Ein paar Tage später hielt dann genau der den Druck offenbar nicht mehr aus. Er gestand einem Freund, "dass jemand sein Leben lassen musste" und dass in seinem Auto eine Leiche transportiert worden sei. Das erzählte der wiederum der Polizei, die den 26-Jährigen in der Nacht festnahm.

Da habe er sofort gestanden, dass sein Freund die junge Frau ermordet habe. Drei Tage nach ihrem Verschwinden fand die Polizei Rebecca in jener Garage in der Nähe von Aschaffenburg. Sie war in das Betttuch gewickelt und lag unter einer Motorhaube. Der Prozess wird fortgesetzt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2936987
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/mmo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.