Arbeitszeiten bei der Polizei:Am liebsten zwölf Stunden am Stück

Großkontrolle der Polizei gegen Alkohol und Drogen

Polizisten in Bayern sollen künftig kürzere Schichten und mehr Ruhezeiten haben.

(Foto: dpa)
  • Die bayerische Polizei wird in naher Zukunft nach anderen Schichtmodellen arbeiten: Nicht länger als zehn Stunden am Stück und mit mindestens elf Stunden Ruhezeit zwischen den Diensten.
  • Für die Polizei gab es bislang eine Sonderregelung, die den Beamten zahlreiche Ausgleichstage bescherte.

Von Susi Wimmer

Innenminister Joachim Herrmann lässt keinen Zweifel aufkommen: Die bayerische Polizei wird in naher Zukunft nach anderen Schichtmodellen arbeiten. Aus Rücksicht auf Gesundheit und Arbeitsbelastung sollen die Beamten etwa keine Schichten mehr absolvieren, die länger als zehn Stunden dauern, und mindestens elf Stunden Ruhezeit zwischen den Diensten einhalten. Eine Arbeitsgruppe sitzt momentan über neuen Schichtmodellen. Doch Jürgen Ascherl von der Gewerkschaft DPolG warnt: "Für die Kollegen bedeutet das auf alle Fälle eine Verschlechterung. Gerade in München werden uns die Leute davonlaufen."

Eigentlich klingen die Vorschriften ganz vernünftig: Polizisten sollen beispielsweise keine doppelten Dienste mehr absolvieren oder auch eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschreiten. So zu lesen ist das in einer EU-Richtlinie von 2003, teilweise greift auch die bayerische Arbeitszeitverordnung. Für die Polizei gab es bislang eine Sonderregelung. Der Kriminaldauerdienst (KDD) in München etwa arbeitet in Zwölf-Stunden-Schichten. Und alle 84 Beamten dort sind laut einer Umfrage hochzufrieden. Weil sich durch die lange Schicht im Gegenzug längere Freizeiten ergeben.

"Das wirft die ganze Lebensplanung um"

"Mehr Schichten würde bedeuten, dass wir kaum noch zwei Tage am Stück frei haben", erklärt Gregor Lihotzky, Gewerkschafter, der beim KDD arbeitet. Auch auf den Inspektionen ergeben sich lange Regenerationszeiten: Ein Beamter absolviert beispielsweise die Frühschicht von 6 bis 12 Uhr, hat Pause bis 19 Uhr und hängt eine Nachtschicht von 19 bis 6 Uhr dran. Doppelschlag heißt das im Polizeijargon. Der Vorteil: Der Beamte hat im Anschluss zweieinhalb Tage frei. Gerade für Pendler aus Niederbayern oder Franken sei das ein entscheidender Vorteil.

Doch damit ist jetzt in den Augen von Ascherl Schluss: Egal, welche Modelle die Arbeitsgruppe jetzt entwerfe, für viele Beamte werde sich die Situation verschlechtern. Der KDD etwa wird das Modell mit den zwei Schichten nicht beibehalten können, es würde dann mindestens drei Schichten geben. Was für die Beamten bedeutet, dass sie öfter in München präsent sein müssen. "Das wirft die ganze Lebensplanung um", kritisiert Ascherl.

Ausnahmen könnte es trotzdem noch geben

"Es wird schwer sein, alle Befindlichkeiten unter einen Hut zu bringen", räumt Helmut Bahr, Landesvorsitzender der GdP (Gewerkschaft der Polizei) ein. Er spricht von Kollegen, denen eine Zwölf-Stunden-Schicht zu viel ist, und die sich über eine kürzere freuen. "Man darf halt nicht über die Köpfe der Beamten weg entscheiden."

In der Arbeitsgruppe sitzen Vertreter aller bayerischer Präsidien, Gewerkschafter, Personalrat. "Da kommen kreative Vorschläge", sagt Michael Siefener vom Innenministerium. Ende des Jahres soll es erste Testläufe geben. "Man setzt immer auf das Bekannte, aber man sollte der Arbeitsgruppe die Chance geben, was Neues zu kreieren." Ascherl sieht das ganz anders: "Never change a winning team", meint er. Herrmann könnte auch in Zukunft Ausnahmen zulassen. Gerade bei kleinen Inspektionen sieht er die Gefahr, ein Mehr an Schichten führe dazu, dass die Zahl der jeweils Diensthabenden heruntergefahren werden muss. "Da Herrmann nicht mehr Personal einstellt, bleibt etwas auf der Strecke. Motivation - und Sicherheit."

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