Süddeutsche Zeitung

Arbeitspapier der CSU-Fraktion:Christsoziale auf Themenklau

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Keine Angriffsfläche für die Opposition: Auf ihrer Klausur in Kreuth wollen die Landtagsabgeordneten die Arbeitsmarktpolitik in den Mittelpunkt stellen - und damit die SPD auf deren ureigenem Themenfeld angreifen, der sozialen Gerechtigkeit.

Von Mike Szymanski

Die CSU will die SPD im Wahlkampf auf deren ureigenem Themenfeld angreifen: der sozialen Gerechtigkeit. Die Landtagsabgeordneten wollen bei ihrer Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth in der kommenden Woche die Arbeitsmarktpolitik in den Mittelpunkt rücken und mit weitreichenden Forderungen für eine gerechtere Arbeitswelt den Genossen Konkurrenz machen.

Der Süddeutschen Zeitung liegt in Teilen und als Entwurf ein Arbeitspapier für die Tagung vor, das den Titel trägt: "Bayerns Arbeitswelt - zukunftsfähig, erfolgreich und fair". Darin greifen die Christsozialen zentrale Anliegen auch aus dem Gewerkschaftslager auf und wollen sich unter anderem für auskömmliche Löhne, gleiche Bezahlung von Männern und Frauen sowie eine bessere Vereinbarkeit von Job und Familie einsetzen.

Fraktionschef Georg Schmid sagte: "Die Frage der sozialen Gerechtigkeit wird auch im Wahlkampf eine Rolle spielen." Als Gast bei der Fraktionsklausur erwartet er Frank-Jürgen Weise, den Chef der Bundesagentur für Arbeit. Die Abgeordneten sollen mit ihm diskutieren, an welchen Stellen die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden müssen. CSU-Wirtschaftspolitiker Erwin Huber, Mitverfasser des Arbeitspapiers, sagte, in keinem anderen Bundesland gebe es so wenig Arbeitslose wie in Bayern. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, sich stärker mit der Qualität der Jobs zu befassen. "Wir wollen keine prekären Arbeitsverhältnisse."

In dem Papier heißt es: "Dort, wo es keine Tariflöhne gibt, ist die Einführung einer Lohnuntergrenze auf der Grundlage einer Empfehlung einer von den Tarifpartnern besetzten Kommission herbeizuführen." Zeitarbeit müsse auf ein "vernünftiges, sozialverträgliches Maß begrenzt" sein, die Leiharbeiter müssten nach einer bestimmten Zeit genauso gut bezahlt werden wie die Betriebsangehörigen.

Die Berufswelt soll familienfreundlicher werden, schlagen die Christsozialen vor, Männer sollen stärker für die Erziehung der Kinder gewonnen werden. "Deshalb wollen wir bis 2018 die Vätermonate beim Elterngeld verdoppeln", heißt es in dem Papier. Alle Staatsbediensteten sollen - sofern das ihre Aufgabe erlaubt - in den kommenden Jahren die Möglichkeit bekommen, an einem Tag in der Woche (oder an zwei halben Tagen) von zu Hause aus zu arbeiten. Erfolgreiche Unternehmen, an deren Spitze Frauen stehen, sollen von der Staatsregierung mit einem Preis ausgezeichnet werden - auch diese Forderung findet sich in dem Papier, das zur Diskussion gestellt werden soll.

Die CSU setzt mit diesem Schwerpunkt im Wahlkampf konsequent ihre Strategie fort, der Opposition keine Angriffsflächen mehr zu bieten. Die gerade erst veröffentlichte Meinungsumfrage vom BR-Politmagazin Kontrovers hat ergeben, dass die Bürger im Freistaat der SPD eher als der CSU zutrauen, für den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft zu sorgen. Nur in diesem einen Punkt liegt die SPD bei den Kompetenzen, die den Parteien zugeschrieben werden, vor der CSU.

Nach der Berliner Landesgruppe der CSU, die diese Woche in Kreuth getagt hatten, starten kommende Woche die Landtagsabgeordneten ins Wahljahr. Als weiterer Gast wird Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Kreuth erwartet. Mit ihm wollen die Parlamentarier über die Schuldenbremse reden, den Verkehrsetat des Bundes, womöglich auch über den Länderfinanzausgleich, gegen den Bayern klagen will.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2013
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