Anzapfseminar in Regensburg:Hiebe vom Bürgermeister

Munich Mayor Ude taps first barrel of beer during opening ceremony for 180th Oktoberfest in Munich

Schafft es auf zwei Schläge: Christian Ude beim Anzapfen.

(Foto: REUTERS)

Was Christian Ude perfekt beherrscht, muss die künftige Regensburger Landrätin Tanja Schweiger erst noch lernen. Damit der Hieb beim nächsten Bierfest sitzt, gibt es in Regensburg ein Anzapfseminar. Wie sich die Politiker auf dem Weg zum "Bierkenner-Diplom" anstellen.

Von Wolfgang Wittl

Bum-bum-bum. Nichts passiert. Dann halt mit Schmackes, doch der vierte Schlag donnert leider gegen das Holzfass anstatt gegen den Zapfhahn. Also auf ein Neues: Bum-bum-bum-bum-bum-bum. Wieder nix. Die nächste Bum-Serie dauert ganze 23 Hiebe. Das will Tanja Schweiger dann doch nicht auf sich sitzen lassen. "Das war jetzt recht blamabel", sagt die künftige Regensburger Landrätin - und verlangt nach einem weiteren Fass.

Die Schadenfreude der meist männlichen Mitglieder dieser parteiübergreifenden Gesellschaft hält sich in Grenzen, sie haben sich kaum besser angestellt. Einige stehen mit einem Partyfässchen Bier unter dem Arm in der Auslieferungshalle, andere machen sich bereits auf den Weg zur Brotzeit. Gut zwei Dutzend frisch gewählte Kommunalpolitiker sind der Einladung der Brauerei Bischofshof gefolgt. Anzapfseminar ist angesagt - damit die Bürgermeister und Landräte sich bei einschlägigen Anlässen gut aus der Affäre ziehen.

Norbert Tessmer, von Mai an Oberbürgermeister in Coburg, hat den weitesten Weg hinter sich. Er ist wohlweislich mit dem Zug nach Regensburg gekommen. Bevor das erste Fass angezapft wird, kreisen bereits Bierflaschen. "Wir wissen, welch schwieriges Amt Sie antreten", sagt Brauereidirektor Hermann Goß. Und dass man dafür ein gutes Händchen brauche, erst recht bei Festen. Seine Majestäten, die Oberpfälzer Bierkönigin Caroline I. und Prinzessin Valerie I., lächeln zustimmend.

Ein Seminar zum Anzapfen ist nicht dabei

Ob Kommunalrecht, Baurecht oder Kulturpolitik - Städte- und Gemeindetag bieten den neugewählten Rathauschefs diverse Kurse an, damit sie gut vorbereitet ins Amt ziehen. Auch Parteistiftungen haben verschiedene Seminare im Programm, doch eines zum Anzapfen ist nicht dabei.

Wissen könne er sich auch anlesen, sagt Sebastian Koch aus Wenzenbach: "Aber hier geht's nur übers Üben." Wie alle Teilnehmer wird er später ein "Bierkenner-Diplom" in Empfang nehmen, das ihn als "geprüften und zertifizierten Anzapfmeister" ausweist. "Das kommt natürlich sofort ins Rathaus", sagt Koch grinsend.

Er hat sich die Auszeichnung verdient. Zwei Schläge benötigt er, ehe der Zapfhahn - Fachterminus: Wechsel - ins Fass getrieben ist. "Einfacher als befürchtet" sei das gewesen, freut sich der 26-Jährige. Patrick Grossmann würde das auch gerne sagen können. Wie ein Buntspecht hämmert er im Hintergrund vor sich hin, nach 18 Schlägen hat auch er sein Werk vollbracht.

Die Halle gleicht inzwischen einer kleinen Seenlandschaft, gebrauchte Fässer werden raus-, frische reingerollt. Alle sind mit Wasser befüllt. Zwar fällt das Anzapfen dadurch leichter, weil das Fass weniger Druck hat, doch Bier wäre eine zu große Verschwendung gewesen. Nur Joachim Wolbergs, der künftige Regensburger OB, und die Bierkönigin stechen für den sofortigen Verzehr ein Fass voller Bier an.

Sein Rat an die Kollegen: "Sich einfach nichts scheißen." Doch selbst die Routiniers kommen nicht ohne Spritzer davon. Auch nicht weiter schlimm, findet Wolbergs: "Wenn's in die Hose geht, haben die Leute wenigstens ihren Spaß."

In Aiterhofen bei Straubing amüsieren sich die Menschen auch nach zwei Jahren noch, wie der heutige CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer anzapfte. Oder es zumindest versuchte. Ganz cool sei Scheuer gewesen, "kein Problem", habe er gemeint.

Doch nach drei Schlägen rutschte der Hahn raus, über Scheuer ergoss sich eine Fontäne aus Bockbier. Und dann, erzählt der Mitarbeiter der Brauerei in seliger Bierruhe, sei der Politiker zu allem Überfluss in der Lache auch noch ausgerutscht. Seine Starkbierrede hielt er trotzdem. Christian Ude wusste schon, warum er Nachhilfeunterricht nahm.

Tanja Schweiger hat ihr zweites Fass vor sich. Bum-bum-bum-bum - nun sitzt der Hahn. Triumphierend blickt sie in die Runde, das Wichtigste hat sie bereits gelernt: "Ozapft is!"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: