Nach Anschlag auf ICE:Polizei verhaftet Iraker wegen Terrorverdachts

  • Ein Islamist soll im Oktober ein Stahlseil über die ICE-Strecke München-Nürnberg gespannt haben - davon gehen Ermittler aus.
  • In Wien haben sie nun einen Mann verhaftet, den sie dem IS-Terrornetzwerk zurechnen.
  • Auf die Spur brachte sie offenbar ein Bekennerschreiben am Tatort in Mittelfranken.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Bei einer Razzia am Montagmorgen haben Spezialeinheiten der Polizei in Wien einen 42 Jahre alten Iraker festgenommen. Er steht laut Ermittlern im dringenden Verdacht, am 7. Oktober 2017 ein Stahlseil über die ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürnberg und München gespannt zu haben. Zudem soll der Mann einen vergleichbaren Anschlag an Weihnachten auf eine Bahnstrecke in Karlshorst bei Berlin verübt haben. Die Behörden stufen die Taten als islamistische Anschläge ein. Der Mann sitzt nun in Untersuchungshaft.

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München, des bayerischen Landeskriminalamtes und des Berliner Polizeipräsidiums wurden in Deutschland und Österreich Haftbefehle gegen den Familienvater unter anderem wegen versuchten Mordes, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Verbrechen der kriminellen Organisation erlassen.

Damit scheint ein Attentat aufgeklärt zu sein, das den Ermittlern lange Rätsel aufgab. Am Abend des 7. Oktober 2018 durchbrach der ICE 821 auf seinem Weg von Nürnberg nach München in Höhe von Allersberg in Mittelfranken ein Hindernis, bestehend aus einem zwischen den Oberleitungsmasten gespannten Drahtseil, sowie Holz- und Metallteilen im Gleisbett. Der Anschlag blieb nahezu folgenlos: Die Schäden an dem Zug waren gering, die Fahrgäste bemerkten den Zwischenfall nicht. Am 24. und am 25. Dezember gab es einen ähnlichen Anschlag bei Karlshorst, wobei eine Oberleitung beschädigt wurde. An beiden Tatorten wurden Bekennerschreiben in arabischer Sprache gefunden.

Diese führten auf die Spur des Verdächtigen. Nach einem Bericht der Wiener "Kronenzeitung" gelang es Ermittlern aus Österreich und Deutschland, den Drucker der Schreiben und dessen Besitzer zu identifizieren.

Bei dem festgenommenen Mann soll es sich um einen Familienvater aus dem Irak handeln, der mit Frau und vier Kindern in einer Sozialwohnung im Wiener Stadtteil Simmering wohnt. Nachbarn berichten, die Familie lebe dort sehr zurückgezogen. Laut österreichischen Medienberichten soll er als anerkannter Flüchtling seit zwei Jahrzehnten in dem Land leben und früher lange in der irakischen Armee gedient haben. Er verehre zudem den ehemaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein.

Fahnder rechnen den Mann dem IS-Terrornetzwerk zu. Er sei ein "Amerika-Hasser" und islamistischer Fanatiker, heißt es. Gearbeitet hat er nach Medienberichten bei einer Security-Firma in Wien. In sozialen Netzwerken soll er den Terroranschlag von Nizza verherrlicht haben, wo am 14. Juli 2016 ein islamistischer Attentäter mit einem Lkw in eine Menschenmenge gefahren war und 86 Menschen getötet hat.

Der Zugriff in der Wohnung der irakischen Familie erfolgte dem Vernehmen nach auf Betreiben der deutschen Behörden. Polizisten aus Bayern und Berlin sind an den laufenden Vernehmungen beteiligt.Der ORF berichtete unter Berufung auf die Wiener Staatsanwaltschaft, der Mann habe die Taten bereits gestanden, bestreite aber einen terroristischen Hintergrund.

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